Día de los Muertos und Peña de Bernal

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San Miguel de Allende, Bernal

Der Día de los Muertos (Tag der Toten) ist einer der wichtigsten mexikanischen Feiertage und wird alljährlich am ersten und zweiten November gefeiert.

Nach altem indianischem Glauben besuchen die Seelen der Verstorbenen an diesem Tag ihre Familien.

In Mexiko wird dieser Feiertag als Familienfest begangen – nicht als Trauertag. Es wird gegessen, getrunken, musiziert und getanzt.

So treffen sich ganze Großfamilien am Grab der Verstorbenen und bringen Essen, Trinken und auch die Gitarre mit. Wer selbst kein Instrument spielt, kann zur musikalischen Unterhaltung einen der zahlreichen Mariachis engagieren.

Zum feierlichen Empfang der heimkehrenden Seelen werden die Gräber mit bunten Blumen und Kerzen geschmückt.

Mit orangefarbenen und gelben Blumen geschmückte Opferaltäre zieren die Wohnungen und die öffentlichen Plätze.

Ein Bild des Verstorbenen, seine Lieblingsspeisen & Lieblingsgetränke, Totenköpfe aus Zuckerguss und Skelette werden liebevoll auf den Altären arrangiert.

Verschiedenfarbig gefärbter Mais und Bohnen werden ebenfalls zur Dekoration verwendet.

Auf den öffentlichen Plätzen freuen sich besonders die hungrigen Tauben über das dekorative Futter.

In der Parroquia werden anlässlich des Día de los Muertos die Bodenplatten vor dem Altar entfernt, wodurch die steile Steintreppe zur darunterliegenden Krypta freigegeben wird und wir zu den alten Grabstätten in eine geheimnisvolle Welt hinabsteigen können.

Die Luft ist leicht modrig, wir sehen Gräber in den Wänden, steinerne Sarkophage und der Boden besteht aus beschrifteten Grabplatten.

Man geht und steht auf Gräbern!

Die Atmosphäre ist eigenartig, geheimnisvoll, ehrfürchtig und friedvoll.

Die anwesenden Besucher sind meist Mexikaner, die teilweise auch Blumen an den Gräbern ihrer Vorfahren hinterlassen.

Eine Tagestour führt uns über Querétaro in das ca. zwei Stunden entfernte Kolonialstädtchen Bernal.

Nach dem Mount Augustus in Australien und dem Zuckerhut in Rio de Janeiro ist der Peña de Bernal der dritthöchste Monolith der Erde.

Von der besonderen Energie dieses Ortes spüren wir wegen des kräftezehrenden Aufstiegs recht wenig.

Aber mit jedem Höhenmeter wird die Aussicht über das schöne Tal und den kleinen Ort spektakulärer. Entlang des Wanderwegs verkaufen fliegende Händler ihre kalten Getränke und stärkendes Essen aus hochgeschleppten Kühltaschen.

Und in der mächtigen Wand des Monolithen entdecken wir einzelne Bergsteiger, die zum entfernten Gipfel klettern. Auf dem Rückweg begegnen wir einem Nordamerikaner der schon mehrmals durch Deutschland gereist ist und sogar etwas Deutsch spricht. Es ist immer wieder erstaunlich wie viele Leute man trifft, die zumindest ein paar Worte Deutsch sprechen.

Folgenreiche Begegnungen ereignen sich meist völlig unerwartet.

Supermarkt MEGA! Lange Schlange beim Brot – sehr lange Schlange!

Bärbel stellt sich schon mal an, während Joachim diverse Backwaren aus den Regalen mit der Backwaren-Zange auf unser Aluminium-Tablett balanciert.

Hinter Bärbel bildet inzwischen ein vollbärtiger Gringo das Ende der Schlange. Ein aufgeschnappter süddeutscher Sprachfetzen führt ihn zu der Frage: Parlez-vous français? Wir einigen uns auf Englisch!

Michel und Ginette kommen aus Québec und sind auf dem Weg nach Ushuaia, Feuerland. Die beiden bleiben etwa sechs Wochen in San Miguel, um hier Spanischunterricht zu nehmen. Den Spanischlehrer, einen jungen Mexikaner, haben sie in einem anderen Laden kennengelernt.

Wir schwärmen von den Vorteilen unseres stadtnahen Stellplatzes und Michel ist sichtlich interessiert, da die beiden etwas weiter außerhalb auf dem Siesta RV Park stehen.

Wir versprechen ihm eine E-Mail mit dem Link zur Website unseres Stellplatzes und einer kurzen Wegbeschreibung. Wie aber notieren wir die E-Mail-Adresse? Unser Kugelschreiber und die Rückseite seiner Einkaufliste ergänzen sich perfekt!

Am nächsten Morgen besichtigen Michel und Ginette unseren RV Park und sind für die nächsten sechs Wochen unsere Nachbarn. Wir entdecken viele gemeinsame Interessen und zwischen uns vieren entwickelt sich im Laufe der sechs Wochen eine Freundschaft, die über den üblichen Rahmen einer Reisebekanntschaft hinausgeht.

Wir wundern uns alle, dass die Kommunikation über eine Fremdsprache bei der Vielfalt der Themen derart problemlos funktioniert.

Und wenn es mit Englisch mal klemmt, wird auf Spanisch ausgewichen (das dem Französisch ähnlich ist) oder wir verstehen das französische Wort oder einer der beiden das deutsche Wort.

Alljährlich feiert ganz Mexiko am 12. Dezember den Día de Nuestra Señora de Guadalupe (Tag der Jungfrau von Guadalupe).

Die Virgen de Guadalupe (Jungfrau von Guadalupe) ist Mexikos Nationalheilige und wird als Schutzpatronin im ganzen Land verehrt.

Die Kirchenglocken der San Antonio Kirche (in der unmittelbaren Nachbarschaft) läuten von früh am Morgen bis spät in die Nacht, Musik spielt und Böller explodieren.

Nachmittags sind etwa 100 Reiter mit ihren Pferden an der Kirche, unsere Straße ist gesperrt und viele Gläubige reihen sich in einer langen Schlange vor der Kirche auf.

Maria, das Familienoberhaupt der Webers (RV Park), verkauft an einem der Hoftore selbstgemachtes, gut schmeckendes Essen an die zahlreichen Passanten und Kirchengänger. Zum Abschluss des Festtages gibt es abends an der San Antonio Kirche eines dieser typischen mexikanischen Feuerwerke.

Die Wohltätigkeitsorganisation »So Others May Eat« sucht für eine große Wohltätigkeitsveranstaltung am 24.12. noch freiwillige Helfer. Wir melden telefonisch unsere Mithilfe an.

An Heiligabend sollen bedürftige Menschen, viele verarmt oder obdachlos, mit kostenlosem Essen und Getränken versorgt werden. Die Organisatoren erwarten etwa 800 zu bewirtende Gäste.

Pünktlich um 10 Uhr passieren wir das beschriebe Tor, gehen durch einen etwa 30 m langen Tunnel und erreichen einen großen Innenhof auf dem Gelände der Parroquia.

Kurz nach uns treffen weitere Helfer aus Kanada ein, wobei Elsa aus Toronto sogar deutsche Wurzeln hat. Ihre Großmutter sprach noch Deutsch.

Wir beginnen mit dem Aufbau der zahlreichen Stühle für die Gäste und der wenigen Tische für das Essen. Für die Gäste sind keine Tische vorgesehen.

Unzählige Geschenke werden aus einem Raum geholt, teilweise vervollständigt und auf einem der Tische in der Nähe der Bühne aufgebaut.

Die Geschenke werden später bei einer Tombola unter den Gästen verlost.

So gegen 11 Uhr sind noch einige weitere Helfer eingetroffen, wir spannen ein Sonnendach über den Stühlen auf und beginnen anschließend mit der Zubereitung des Essens.

Mangels übergeordneter Organisation erklären wir uns selbst für die Produktion der Sandwiches zuständig und organisieren zusammen mit einem Lehrer aus New York eine kleine »Fertigungsstraße«, an der etwa 10 Personen die einzelnen Arbeitsgänge verrichten (aufschneiden, bestreichen, Zutaten (Käse, Tomaten, Salat) vorbereiten, belegen, in Servietten einwickeln, stapeln).

So werden in den nächsten zwei Stunden ein paar Hundert Sandwiches hergestellt und bei Bedarf an die nächste Abteilung weitergereicht.

Kurz vor dem offiziellen Beginn erscheinen gegen 13 Uhr immer mehr »Helfer«, oft in bester Kleidung und teils mit großer Spiegelreflexkamera am wohlgenährten Gringo-Bauch hängend.

Zuerst halten wir diesen Menschenauflauf von Bleichgesichtern für eine Besichtigungstour.

Aber nein, auch das sind »Helfer« mit offiziellen Namensschildern – gesehen und gesehen werden, scheint hier die Devise zu sein.

Das kostenlose Essen für die Helfer soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben.

Tatsächlich sind nur etwa 300 Gäste gekommen und noch reichlich Essen ist vorhanden. Dieses wird zum Abschied unter den aufbrechenden Gästen verteilt, welches diese gerne entgegennehmen.

Aus deutscher Sicht sind die fehlenden Vorgaben für die zusammenhängenden Arbeitsabläufe und die rudimentären hygienischen Bedingungen (Händewaschen in zwei »gemeinsamen« Schüsseln) bei der Organisation der Veranstaltung zu bemängeln. Letztlich heiligt der gute Zweck die Mittel und das Ziel wurde auf mexikanische Art und Weise ja auch bestens erreicht!

Nach rund fünf Stunden verabschieden wir uns, denn eine andere Feier erwartet uns – ein Potluck.

Ein Potluck ist ein Fest, zu dem jeder etwas zu Essen und zu Trinken mitbringt. Auf unserem RV Park findet heute ein solches Potluck statt.

Einige Camper haben Freunde mitgebracht und einer unserer Nachbarn hat gleich alle Camper des anderen Campingplatzes dazu eingeladen.

So ist es entsprechend voll und viele fremde Gesichter tummeln sich auf dem ansonsten so überschaubaren Platz. Es wir viel geredet, gegessen, getrunken und gelacht.

Maria bringt abends ans Lagerfeuer noch einen grandiosen selbstgemachten Punsch, den sie mit verschiedenen Früchten aus der Region frisch zubereitet hat.

Der alkoholfreie Punsch wird aus einer großen Flasche mexikanischen »Agavensafts« entsprechend dem persönlichen Geschmack individuell »verfeinert«.

Gegen Mitternacht löschen die Letzen das Lagerfeuer und ein erfüllter Tag neigt sich dem Ende!

Nun zählen wir die Tage, denn Ginette und Michel reisen am 27. weiter.

Es gibt noch so viel zu erzählen und entsprechend spät wird es auch die folgenden Abende.

Isabelle & André aus Frankreich fahren nach zwei Wochen ebenfalls am 27. weiter. Die beiden Franzosen wollen auch bis Ushuaia und danach nach Australien. Um die Mittagszeit folgt dann der schwere Abschied von Ginette und Michel.

Noch ein letztes Gruppenfoto, eine freundschaftliche Umarmung und die beiden machen sich mit unseren besten Wünschen auf den Weg nach Süden.

Am Silvesterabend nehmen wir zusammen mit Glenna und Rod an einer indianischen Vollmond-Zeremonie im botanischen Garten teil. Heute gibt es einen Blue Moon, also der zweite Vollmond innerhalb eines Monats. Am Silvesterabend ist dieses sehr seltene Phänomen etwa alle 19 Jahre zu bestaunen.

Die indianische Zeremonie soll zum inneren Gleichgewicht mit Natur und Erde führen. Rasseln, Trommeln, Flöten, Gesang, Feuer und Weihrauch schaffen eine mystische Atmosphäre hoch über San Miguel.

Wir wünschen allen Lesern ein gesundes Jahr 2010!

Bilder

„Es ist in der Tat besser,
auf der Reise durchs Leben Freunde zu haben
als dankbare Abhängige.“
(Oliver Goldsmith, 1728-1774)