Euro-Latino Racing-Services, Matthias Heyer in San Miguel de Allende

In der sehenswerten Kolonialstadt San Miguel de Allende – Weltkulturerbe und davor Pueblo Magico – betreibt der deutsche Matthias Heyer seine international tätige Firma Euro-Latino Racing-Services.

»Euro« steht dabei für die europäische Herkunft von Matthias und vieler seiner Kunden. »Latino« für seine Mitarbeiter und den Standort der Firma. »Racing-Services« für die Leidenschaft von Matthias: Rennwagen

Rennwagen

Matthias entwickelt und baut nicht irgendwelche Rennfahrzeuge, sondern Rennwagen auf der Basis von Oldtimern, deren antike Fahrzeughülle er gekonnt mit modernster Rennsporttechnik kombiniert.

Viele der Boliden werden beim legendären mexikanischen Rennen La Carrera Panamericana auf die Piste geschickt. Die La Carrera Panamericana gilt für Mensch und Maschine als die härteste Straßenrallye der Welt. In rund einer Woche geht es etwa 3.500 km über die spektakulärsten Straßen Mexikos.

Mit sehr viel Herzblut hat Matthias für einen europäischen Kunden einen Ford Falcon, Baujahr 1965 aufgebaut, der für die Rallye Peking-Paris eingesetzt wird. Seine Testfahrt hat das Fahrzeug bei der Rallye Trans-America bestens bestanden.

Es ist schon verrückt: Reisende machen ihre Testfahrt mal schnell nach Marokko oder Island, Besitzer von Oldtimer-Rennwagen fahren dafür mal quer durch die USA. Andere überraschende Parallelen zwischen Oldtimern und Reisefahrzeugen lernen wir weiter unten kennen.

Oldtimer-Manufaktur

Wer alte Karossen in schnelle Rennwagen verwandelt, der kann auch Oldtimer in »Neuwagen« verzaubern.

Matthias und sein Team fangen damit bei null an. Die betagten Fahrzeuge werden komplett in alle Einzelteile zerlegt und Schritt für Schritt in penibler Handarbeit neu aufgebaut, also komplett restauriert.

Manche Fahrzeuge benötigen weit mehr als ein Jahr zur Fertigstellung. Eine weitere Parallele zu individuell gebauten Reisefahrzeugen.

Der Begriff »Werkstatt« wird diesem handwerklichen Können nicht annähernd gerecht.

»Oldtimer-Manufaktur« trifft diese kunstvolle Handarbeit schon eher!

Reisefahrzeuge

Aber zurück zur Werkstatt. Im normalen Werkstattbetrieb werden sowohl Oldtimer als auch moderne Fahrzeuge gewartet und repariert. Und hier fügen sich die Reisefahrzeuge ins Konzept.

Matthias besaß früher selbst ein Reisemobil auf LKW-Basis.

Reisende können bei Euro-Latino Racing-Services alle notwendigen Reparaturen fachgerecht durchführen lassen, Öle wechseln oder das Fahrzeug vorsorglich komplett durchchecken, bevor die Reise durch Lateinamerika oder Nordamerika weitergeht.

Oldtimer und europäische Reisemobile haben auch bei der Reparatur einige vorteilhafte Gemeinsamkeiten für die Reisenden:

  • Reparaturschäden müssen vermieden werden, da Ersatzteile in beiden Fällen schwer erhältlich sind. Das resultiert in einer umsichtigen und sorgfältigen Arbeitsweise des ganzen Teams.
  • Für Oldtimer nicht mehr erhältliche Teile müssen selbst hergestellt werden. Bei Euro-Latino Racing-Services kann man das noch, was schließlich auch den Reisefahrzeugen zu Gute kommt. Unser defektes Anschlussstück für die Luftfederung wurde einfach selbst gemacht.
  • Ersatzteile weltweit & preiswert zu beschaffen gehört durch die Oldtimer & Oldtimer-Rennwagen bei Euro-Latino zum Tagesgeschäft. Die neue Flammstartkerze kam in wenigen Tagen aus Litauen, das gewünschte Getriebeöl aus USA.

Euro-Latino verfügt über ein Netzwerk aus Dienstleistern und Lieferanten, so dass spezielle Arbeiten, wie z.B. Räder auswuchten oder Radmuttern galvanisch verzinken, an ausgewählte Betriebe in der Umgebung vergeben werden.

Reisende mit jeder Art von Reisefahrzeug (Wohnmobil, Van, Geländewagen, LKW, PKW, Motorrad, etc.) sind bei Matthias willkommen. Und falls er wirklich mal selbst nicht helfen kann, kennt er jemanden, der helfen kann.

Service für Reisende

Bei mehrtägigen Reparaturen kann vor/in der Werkstatt übernachtet werden. Der Zugang zum Gelände ist bewacht, Toilette, Dusche, Küche und schnelles (!) Internet stehen zur Verfügung.

Ein kleiner Laden mit Getränken, Chips etc. ist ebenfalls auf dem Gelände. Mitfahrgelegenheiten zum Einkaufszentrum oder in die Stadt bieten Matthias und sein Team gerne an.

Ersatzteile kann man vorab direkt an Euro-Latino schicken, um unnötige Wartezeiten zu reduzieren. Dies muss jedoch vor dem Versand abgesprochen werden!

Trockene Hallenplätze zum Abstellen des Reisefahrzeugs sind auf Anfrage ebenfalls zu bekommen. Selbstverständlich werden Reparaturen auch während des eigenen Heimaturlaubs erledigt. Last but not least die letzte Gemeinsamkeit: Oldtimer und Reisefahrzeuge stehen gerne trocken, auch nebeneinander.

Anfahrt

Euro-Latino Racing-Services liegt direkt an der Hauptstraße von San Miguel de Allende nach Queretaro, von San Miguel kommend ca. 4.5 km außerhalb auf der rechten Seite.

Am Schild »Mini Bodegas San Miguel Storage« (rechts) sind es noch etwa 50 m bis zur Einfahrt. Die Einfahrt zum Gelände erkennt man an einem Industrieschiebetor mit parallelen senkrechten Metallstreben.

Adresse

Euro-Latino Racing-Services
Matthias Heyer (spricht DE, EN, ES)
Carr. S. M. de Allende – Queretaro Km.4.5
Salida a Queretaro, Canajo
San Miguel de Allende 37886, GTO
Shop: +52 1 415 120 8374
Mobile: +52 1 415 111 3035
Fax: +49 911 30844 19701
E-Mail: heyermatthias@gmail.com
GPS: 20° 53.933’N 100° 40.835’W

Bildergalerie

In der nachfolgenden Fotogalerie lassen wir die Bilder und deren Bildunterschriften sprechen. Die meisten Bilder dieses Reiseberichts sind mit der Smartphone Huawei P10 entstanden.

„Das Auto hat keine Zukunft, ich setze aufs Pferd.“
(Wilhelm II.,1859-1941)
Öffentlicher Auftritt in San Miguel de Allende, Mexiko

Der American Tribal Style Belly Dance (ATS) ist ein amerikanischer Gruppentanz, der einige seiner Elemente vom orientalischen Bauchtanz entlehnt, verändert und mit Elementen aus anderen Tänzen kombiniert.

Sein Ursprung geht auf die 1960er und 1970er Jahre und die Umgebung von San Francisco (USA) zurück, wobei die eigentlichen Anfänge auf Ende der 1980er Jahre datiert werden. Der American Tribal Style Belly Dance ist also ein recht junger und moderner Tanz.

Bärbel hat vor ein paar Jahren mit ägyptischen Bauchtanz begonnen, um sich regelmäßiger sportlich zu betätigen.

Inzwischen tanzt sie den American Tribal Style Belly Dance (ATS). Wie gesagt, geht es ihr hauptsächlich um die regelmäßige Bewegung und so hatte sie bisher kaum Interesse an den bei Auftritten verwendeten Kostümen und dem eigenwilligen Schminkstil des American Tribal Style Belly Dance.

Ihre international bekannte Tanzlehrerin Elsanne organisiert für die Belly Dance Gruppe mehrmals im Jahr öffentliche Auftritte. So soll auch Bärbel im vorweihnachtlichen Dezember mit der Tanzgruppe an einem öffentlichen Auftritt in der Passage des Einkaufzentrum »La Luciernaga« in San Miguel de Allende teilnehmen.

Viele in der Gruppe sind im Alter von ca. 30 – 40 und praktizieren Belly Dance schon seit sehr vielen Jahren, manche sind seit Kindestagen damit vertraut. Desto erstaunter ist Bärbel über sich, als sie ihre Teilnahme für diesen öffentlichen Auftritt zusagt. Ups!

Mit Mittie werden noch einige Stunden Einzelunterricht absolviert, Kostüm und passender Schmuck wird organisiert und schließlich wird ein Termin zum Schminken für den »großen Auftritt« vereinbart.

Die meisten Tänzerinnen stylen sich selbst, wozu die notwendigen Utensilien und auch Erfahrung gehören. Bärbel lässt sich deshalb in einem Salon schminken und frisieren, in dem die Mitarbeiter mit dem Stil des ATS vertraut sind und über entsprechende Erfahrung und Utensilien verfügen.

Beim Auftritt sind auch Tanzlehrerinnen aus der weiteren Umgebung dabei, so dass insgesamt etwa 30 Tänzerinnen teilnehmen, von denen jedoch nur ein Teil auf dem Gruppenbild zu sehen ist.

Mit dem Betreten der Bühne verschwindet bei Bärbel das Lampenfieber und ihre Tanzlehrerin ist mit dem Auftritt der Gruppe sehr zufrieden.

Bildergalerie American Tribal Style Belly Dance (ATS)

„Mensch, lerne tanzen, sonst wissen die Engel nichts mit dir anzufangen.“
(Augustinus Aurelius, 354-430)
Nächtliche Prozession von Atotonilco nach San Miguel de Allende

Zwei Wochen vor Ostern findet eine außergewöhnliche Prozession statt, die ab Mitternacht eine Statue des gegeißelten Christus von der Wallfahrtskirche »Santuario de Jesús el Nazareno« in Atotonilco in die Kirche »San Juan de Dios« nach San Miguel de Allende bringt.

Die Tradition geht auf das Jahr 1812 zurück, als die Stadt von einer Plage heimgesucht wurde. In der Hoffnung diese Plage stoppen zu können, wurde die Statue in die Kirche »San Juan de Dios« neben dem Hospital gebracht.

Sonntags zwischen 6 und 7 Uhr trifft die Prozession in San Miguel de Allende ein und viele Zuschauer säumen zur Begrüßung die geschmückten Straßen. Wir hatten davon schon Bilder gesehen und wollen dieses Jahr dabei sein, wenn die Prozession in der Stadt ankommt.

Durch Gespräche mit Einheimischen finden wir heraus, dass auch wir an der Prozession teilnehmen können. Der Entschluss ist schnell gefasst, denn so erhalten wir einen spannenden Blick hinter die Kulissen und erleben die Prozession auf den ganzen 13 km von Atotonilco bis San Miguel de Allende.

Wir erzählen Terri & Mike von unseren Plänen und laden sie ein, uns auf dieser »Nachtwanderung« zu begleiten.

Keiner kann vorher wirklich schlafen und als wir uns um 23:15 Uhr auf den Weg machen, sind wir gespannt, was die lange Nacht noch bringen wird. Unterwegs im Taxi begegnen wir sehr vielen Polizeifahrzeugen und auch als wir Atotonilco erreichen, ist die große Polizeipräsenz nicht zu übersehen.

Unzählige Verkaufsstände säumen die Kopfsteinpflasterstraße, die uns direkt zum großen Platz vor die Wallfahrtskirche führt.

Seit 2008 gehört die sehenswerte Wallfahrtskirche zum UNESCO Weltkulturerbe (siehe Fotogalerie Atotonilco).

Geschätzte tausend Menschen sind hier schon versammelt und der Platz füllt sich immer weiter. Wir hatten ja nicht mit vielen Bleichgesichtern gerechnet, aber jetzt sind wir wohl die Einzigen, die nicht wie Mexikaner aussehen.

Pünktlich werden die verhüllten Statuen aus der Kirche gebracht und auf dem erhöhten Bereich vor dem Eingang findet eine Messe statt.

Die Geistlichen verlassen mit den Statuen den Platz, die Menschenmasse setzt sich in Bewegung und folgt ihnen zur Straße nach San Miguel de Allende.

Die Prozession ist hier noch sehr beengend und zwischen den vielen Beinen können wir die dunkle Straße kaum erkennen. Die in Mexiko so »beliebten« Topes (Bodenschwellen) werden in dieser engen Menschenmasse zu gefährlichen Stolperfallen.

Überhaupt erfordert es ständig große Konzentration, dem Vordermann nicht in die Ferse zu treten und gleichzeitig auf Steine, Schlaglöcher und Topes zu achten. Die mitgebrachte Taschenlampe hilft in dieser Enge nur bedingt.

Wir verlassen das grobe Kopfsteinpflaster und erreichen die gut ausgebaute Landstraße. Sie ist halbseitig für die Prozession gesperrt und so passieren uns abwechselnd die langen Fahrzeugkolonnen aus beiden Fahrtrichtungen, welche jeweils von einem Polizeiwagen angeführt werden.

Für kurze Gebete hält der Prozessionszug öfters an und durch die langsame Bewegung kriecht die nächtliche Kälte sukzessive in der Kleidung hoch.

Gegen 3 Uhr früh erreichen wir auf freiem Feld die Kirche, an der die längere Messe abgehalten wird. Hier gibt es warme Getränke und an den verschiedenen Ständen kann man sich mit allerlei warmen Speisen versorgen.

Zahlreiche Personen liegen auf dem kalten Boden und Nutzen den etwa einstündigen Aufenthalt, um versäumten Schlaf nachzuholen. Jetzt wird auch klar, warum so viele der Nachtschwärmer warme Decken mitgebracht haben.

Kurz vor 4 Uhr ist die Messe beendet und wir schließen uns den ersten Gruppen an, die weiter Richtung San Miguel de Allende gehen.

Wir sind den Statuen nun weit voraus und der Prozessionszug zieht sich auseinander.

Polizisten reiten an uns vorbei und wenig später sehen wir eine Gruppe Jugendliche, die allesamt ihre Hände im Nacken halten und von den berittenen Polizisten in Schach gehalten werden.

Es ist nicht ersichtlich, ob es einen Vorfall gab oder ob es sich um eine Sicherheitsmaßnahme bei einer Routinekontrolle handelt. In Mexiko geht die Polizei bei unübersichtlichen Kontrollen auf Nummer sicher und stellt die zu kontrollierten Personen mit erhobenen Händen an eine Wand oder an ein Fahrzeug. Mangels Wand und Fahrzeug müssen hier die Hände in den Nacken.

Wir erreichen den Campingplatz außerhalb der Stadt und wissen, dass es von hier nicht mehr weit zur Abzweigung ist, die uns in die Stadt führt.

San Miguel de Allende begrüßt uns um 5 Uhr mit prachtvoll geschmückten Straßen, bestehend aus einem endlosen Blumenmeer und bunten Bildnissen aus gefärbten Sägespänen.

Alle Bildnisse sind noch unberührt, da die Statuen noch nicht eingetroffen sind und so genießen wir die ganze Schönheit dieser etwa 1.5 km langen, buntgeschmückten Prachtstraße.

Wir kommen am Ende des geschmückten Stadtteils an, es ist 6 Uhr früh und nach 13 km Nachtwanderung, über sechs Stunden ununterbrochen auf den Beinen und spürbar übernächtigt, möchten wir nicht mehr auf das Eintreffen der Statuen warten.

Dies kann sich noch weit über eine Stunde hinziehen, zumal auf den geschmückten Straßen die Prozession noch langsamer voranschreitet und die Messe in der Kirche »San Juan de Dios« erst um 8 Uhr beginnt.

Wir gehen nach Hause und fallen dort mit der Morgendämmerung müde ins Bett.

Bilder Nuestro Señor de la Columna

„Tragt Sorge zum Licht. Die Prozession ist noch lang.“
(unbekannt)
San Miguel de Allende, Mexiko

Mexikaner kennen die bewegte Geschichte ihres Landes und sind stolz auf die mexikanischen Nationalhelden, die für die Freiheit Mexikos mutig ihr Leben riskierten.

In Mexiko steht das Jahr 2010 ganz im Zeichen der 200jährigen Unabhängigkeit und der 100jährigen Revolution. Überall werden neue Straßen gebaut und historische Gebäude restauriert, um diesen Feiern einen würdigen Rahmen zu verleihen.

San Miguel de Allende liegt im geografischen Herzen der Unabhängigkeitsbewegung. So ist es nicht allzu verwunderlich, dass einige der berühmten Nationalhelden aus San Miguel de Allende stammen: Ignacio Allende, die Brüder Juan und Ignacio Aldama und Pipila.

Entsprechend aufwändig wird der runde Jahrestag in San Miguel de Allende gefeiert, aber dazu später mehr.

Im März 2009 trafen wir Uwe und seine Familie in Zacatecas und wir wollten uns seither wiedertreffen.

Die Osterfeierlichkeiten 2010 in San Miguel und fünf Exil-Schwaben (Nicole, Lothar und Marissa stehen auch noch hier) sind sechs gute Gründe, um Uwe und seine Familie zur langen Anreise für ein Schwabentreffen zu motivieren.

Die Wiedersehensfreude ist groß und das mitgebrachte Zelt schnell aufgebaut. Beim gemütlichen Lagerfeuer, ausgiebiger Stadtbesichtigung und eindrucksvollem Karfreitagsumzug vergehen die gemeinsamen Tage wie im Fluge.

In einem spektakulären Ritual werden am Ostersonntag zur Mittagszeit etwa 20 Judasse »verbrannt«. Die übergroßen Puppen werden am Jardin aufgehängt, drehen sich zischend im Kreis und explodieren nacheinander mit ohrenbetäubendem Knall.

Kinder schleppen die rumliegenden Arme, abgerissenen Beine und die weggesprengten Köpfe als Trophäen mit nach Hause.

Anfang April wird es ruhig, denn unsere Nachbarn fahren nach Kanada oder USA zurück und Nicole, Lothar und Marissa machen sich auf den langen Weg nach Südamerika.

So widmet sich Bärbel wieder verstärkt ihren Schmuckarbeiten (siehe Schmuckgalerie) und Joachim befasst sich mit dem neuen Projekt PanamericanaInfo.com und technischen Verbesserungen an ReiseStationen.de.

Im Juni kehren Ginette und Michel aus Zentralamerika zurück. Die beiden haben ihre Reisepläne geändert und ihre Panamericana-Reise in Panama abgebrochen.

Sie kaufen sich hier in San Miguel de Allende ein Haus und so haben wir bis Anfang September wieder feste Nachbarn.

Die diesjährige Regenzeit macht ihrem Namen alle Ehre.

Mit riesigen Tropfen beginnt der tägliche Regen, innerhalb von Minuten herrscht Chaos in der Stadt, kein freies Taxi ist zu bekommen, Straßen werden zu Flüssen, selbst hohe Gehsteige überspült und »stromaufwärts« fahrende Fahrzeuge kommen nur langsam den Berg hinauf.

Auch im RV Park bilden sich vor und hinter dem Reisemobil kleine Bäche, die nach dem biblischen Regen so schnell wieder verschwinden, wie sie aufgetaucht sind. Vorher und nachher scheint bei blauem Himmel meist die Sonne.

So zeigt sich der RV Park Ende August von seiner grünen Seite, als Petra, Bernd & Hund Basko auf saftigem Rasen ihr Hobby-Wohnmobil abstellen.

Die drei sind auf dem Weg nach Südamerika und schreiben neben ihrem Blog auch für die Hobby-Website und die Kundenzeitschrift.

Die ausführliche Stadtführung für deutschsprachige Neuankömmlinge ist inzwischen Ritual und so nehmen auch Petra & Bernd das Angebot gerne an. Sie erwarten Besuch aus der Heimat und müssen nach einigen kurzweiligen Tagen auch schon weiter.

Kurz danach erreichen Felizitas & Jörn den RV Park.

Die beiden sind leidenschaftliche Wellenreiter und mit ihrem hübschen Toyota auf dem Rückweg zum berühmten Surf-Spot »Scorpion-Bay« auf der Baja California.

Wie sich später herausstellt, werden sie sich für etwas länger auf der Baja niederlassen.

Viele Mexikaner verbringen die diesjährigen Feiertage im geografischen Herzen der Unabhängigkeitsbewegung und San Miguel ist brechend voll.

Häuser und Straßen sind prächtig geschmückt, unzählige Paraden und Feuerwerke begleiten die 200jährigen Feiern.

Einen Höhepunkt stellt der berühmte »El Grito« am 15.09. um elf Uhr abends dar.

Bei diesem historischen Ereignis scheint ganz Mexiko am Jardin zu sein und es wird so unerträglich eng, dass wir gegen den starken Druck der Masse nur mühsam nach hinten ausweichen können.

Fritz, der uns schon vorher per E-Mail kontaktiert hatte und mit einer Honda Transalp unterwegs ist, trifft mit dem beginnenden Oktober ein.

Er möchte in San Miguel de Allende Spanisch lernen und wir empfehlen ihm die Sprachlehrerin Alicia, eine Bekannte von Bärbel, die zum Unterricht in den San Miguel RV Park kommt.

Zeit zu packen! Bärbel fliegt Ende Oktober in die Heimat, es gibt viel zu organisieren, tausend Dinge zu bestellen und alles was nach Deutschland muss, will aus den Tiefen des Reisemobils herausgekramt werden.

Mit dem Mietwagen düsen wir in die 20-Million-Metropole Ciudad de México (Mexiko-Stadt).

Auf einer breiten Kreuzung bemerken wir, dass es eigentlich rechts zum Flughafen gegangen wäre.

Polizisten auf der anderen Seite bestätigen dies und meinen, dass es zum Flughafen etwas kompliziert sei (was es nicht war).

Der fließende Verkehr der mehrspurigen Kreuzung wird von Kollegen gestoppt, wir können rückwärts in die Kreuzung einfahren, per U-Turn drehen und zwei Motoradpolizisten eskortieren uns zum Flughafen.

Super Service!

Auch Heimflug und Rückfahrt verlaufen angenehm reibungslos!

Zum berühmten Día de los Muertos (01.11) haben sich Magda und Monika angekündigt, die zwei Tage nach Bärbels Abflug eintreffen.

Mit Mietwagen und Zelt sind sie auf großer Amerikareise (USA, Mexiko, Kuba) und möchten den Día de los Muertos in San Miguel de Allende erleben. Auf ihren vielen Reisen, mehrmals im VW-Bus durch Afrika, als Backpacker durch Asien usw., haben die beiden schon viel erlebt und viele lustige Geschichten zu erzählen.

Die Überraschung ist groß, als noch ein blauer Pössl aus Böblingen im RV Park ankommt. Alfred ist in Baltimore gestartet und jetzt auf Erkundungstour durch Mexiko.

Bei interessanten Gesprächen verfliegt die Zeit und als Alfred nach acht Tagen weiterfährt, sitzt auch Bärbel schon wieder auf gepackten Koffern.

Wie schnell drei lange Wochen dann doch vergehen!

Mit dem Mietwagen geht es wieder nach Mexiko-Stadt und unser reserviertes Zimmer ist schnell bezogen.

Pünktlich landet Bärbels Flieger, aber es dauert dann noch eine Stunde, bis wir uns am Flughafen endlich in den Armen halten.

Beim Zoll hat alles bestens geklappt, da Bärbel nicht kontrolliert wurde und auch die Rückfahrt am nächsten Morgen verläuft absolut problemlos.

Anfang Dezember kommt Alfred für eine Woche zurück. Er stellt seinen Pössl hier ab, fliegt über Weihnachten nach Hause, um im Januar mit seiner Frau Nora wiederzukommen.

Inzwischen füllt sich der Campground mit alten Freunden und Bekannten. Anne & Jerry, Terri & Mike und Karen & Robert sind wieder gekommen.

Ganz besonders freut uns dabei, dass Janell & Bevyn wieder den Platz direkt neben uns gebucht haben.

Eine Party zur totalen Mondfinsternis ist schnell organisiert und bei heißem Glühwein am knisterndem Lagerfeuer, guter Musik und bester Laune beobachtet der ganze Campground das kosmische Spektakel bis in die frühen Morgenstunden.

Erst kürzlich abgereist, kommen kurz vor Weihnachten die beiden deutschen Motorradfahrer Susanne & Andreas (Der Schrauberprinz) wieder zurück nach San Miguel. Susannes Motorrad macht verdächtige Geräusche, die den erfahrenen Mechaniker Andreas das Schlimmste befürchten lassen.

Eine gute Entscheidung, das Problem in vertrauter und sicherer Umgebung zu lösen, wo es viele Tipps und moralische Unterstützung vom ganzen Campground gibt.

So ist an Weihnachten etwa die Hälfte der Plätze mit deutschsprachigen Reisenden besetzt.

Das große Potluck an Heiligabend wird der »gesellschaftliche Höhepunkt« der Feiertage, an dem auch der Geburtstag von Terri mit einem leckeren Geburtstagskuchen nachgefeiert wird.

Wir steuern zum abendlichen Lagerfeuer wieder kräftigen Glühwein bei und sind über die große Nachfrage des lustig machenden Aufwärmers dann doch positiv überrascht.

Nach den Weihnachtsfeiertagen machen sich einige Reisende auf den Weg und auch die beiden Motorradfahrer sind ab jetzt nur noch auf einer Maschine unterwegs.

Eine nette Tradition lernen wir am 06. Januar kennen. Marianna bringt in die Schmuckwerkstatt einen Rosca de Reyes (Dreikönigskuchen) mit, in den kleine Püppchen eingebacken sind.

Derjenige, der in seinem Stück einen kleinen Jesus entdeckt, »darf« am »Día de la Candelaria« Tamales und Atole spendieren.

Natürlich wird auch Bärbel fündig und merkt sich den 02. Februar schon mal im Kalender vor.

Ende Januar marschieren wieder tausende Pilger durch San Miguel und wir wollen sie mit Terri & Mike einige Kilometer begleiten.

Um 7 Uhr morgens, so schreibt die Zeitung, verlassen die Pilger den Jardin. Pünktlich sind wir an einem fast menschenleeren Platz.

Eine Frau erzählt, dass die Pilger bereits kurz nach 5 Uhr losgegangen sind. Na prima!

Wir schnappen uns das nächste Taxi und nehmen die Verfolgung auf. Unterwegs sehen wir versprengte Gruppen, die dasselbe zu Fuß versuchen.

Unsere Aufholjagd im Taxi ist erfolgreich und wir begleiten die Pilger bis zur provisorischen »Mautbrücke« am Fluss »Rio Laja«, für deren Überquerung von jedem Pilger eine kleine Spende erbeten wird.

Es ist also noch früh am Morgen, als wir die vogelreichen Feuchtgebiete in Flussnähe erkunden und Terri & Mike uns eine erste Einführung in die mexikanische Vogelwelt geben.

»Birding« ist in den USA ein beliebtes Freizeitvergnügen und so sind wir mit den beiden einige Tage später auch im »El Charco del Ingenio« unterwegs, wo wir über 30 verschiedene Vogelarten an einem Tag beobachten.

Claudia & Uwe kennen wir schon per E-Mail, als sie mit ihrem Wohnmobil San Miguel de Allende erreichen. Die beiden möchten Spanischunterricht nehmen und wir empfehlen wieder Alicia, die inzwischen schon mehrere Reisende unterrichtet hat.

Bärbels Geburtstag rückt näher und Terri sorgt für eine große Geburtstagsparty. Sie druckt Einladungen und organsiert das zugehörige Potluck einschließlich des Geburtstagskuchens – einer Schwarzwälder Kirschtorte.

Etwa 50 Leute sind gekommen und es wird von nachmittags bis in die Nacht gefeiert. Ein schönes Fest, das Terri wirklich gut organisiert hat!

Auch die deutschstämmigen Karen & Klaus – die in den Sommermonaten in Kanada eine Lodge betreiben – sind von ihrer Rundreise in den Süden wieder zurück.

Karen hat eine Nähmaschine dabei und George & Joyce in ihrem Appartement ein Zimmer frei.

Flugs werden Tische und Stühle beschafft und eine »Nähstube« eingerichtet. Karen führt Bärbel in die Welt des Quilten ein.

Die nächsten zwei Wochen ist Bärbel kaum zu sehen – sie ist entweder in der Schmuckwerkstatt oder mit Karen in der Nähstube.

Der Strom deutscher Reisender bricht nicht ab.

Margrit & Georg sind auf dem Weg zurück nach Norden und Nora & Alfred kommen von ihrer ausgedehnten Rundreise aus dem mexikanischen Süden zurück, um ebenfalls nach Norden bis Alaska zu reisen.

Rita & Rudi aus Esslingen sind mit einem Volvo Expeditionsmobil auf der Panamericana unterwegs und bleiben einen Monat in San Miguel de Allende, um bei Alicia Spanischunterricht zu nehmen.

Rita & Rudi kommen gerade rechtzeitig zum sehenswerten »Festividad del Señor de la Conquista«.

Das »Festividad del Señor de la Conquista« ist ein religiöses Fest, das auf eine historische Begebenheit in San Miguel de Allende zurückgeht und am ersten Freitag im März gefeiert wird.

Zu Ehren einer Jesus-Statue kommen mehrere hundert traditionell gekleidete Tänzer, beten und tanzen den ganzen Tag in den Straßen der Stadt.

Ideal zum Fotografieren, siehe Fotogalerie Festividad del Señor de la Conquista.

Einen herrlichen Tagesausflug verbringen wir mit Janell & Bevyn, bei dem wir die für die Öffentlichkeit neu geöffneten Pyramiden »La Cañada de la Virgen« 25 km südwestlich von San Miguel besuchen.

Danach geht es zur »Puente de San Rafael«, einer historischen Brücke an der berühmten Silberstraße (»Camino de la Plata« bzw. »Camino Real de Tierra Adentro«), die seit 2010 UNESCO Weltkulturerbe ist.

Mit einem Abstecher zur Wallfahrtskirche Atotonilco, die seit unserem ersten Besuch restauriert wurde und seit 2008 ebenfalls Weltkulturerbe ist, beschließen wir den schönen Ausflug.

Schon wieder eine Party! Wir feiern ein Jubiläum in San Miguel und laden den ganzen Campingplatz einschließlich der Besitzerfamilie und einigen Freunden von außerhalb zu einem Abend am Lagerfeuer ein.

Stephen ist Berufsmusiker, hat seine Gitarre mitgebracht und gibt ein kleines »Konzert« am Lagerfeuer.

Von seinem virtuosen Gitarrenspiel sind alle begeistert und das fröhliche Fest geht danach noch bis in die frühen Morgenstunden weiter.

Einige Tage später feiern wir den Geburtstag von Maria, der Besitzerin der Hazienda.

Wieder ist der ganze Campground dabei, Janell & Bevyn haben den Geburtstagskuchen organisiert und Bärbel »krönt« Maria mit der Krone, die sie selbst an ihrem Geburtstag von Karen bekommen hatte.

Auf der Rückseite der Krone wird Name und Geburtstag eingetragen und die Krone wird beim nächsten Geburtstag weitergereicht.

Ende März verlassen uns Janell & Bevyn, kurz darauf die meisten anderen Bekannten. Viel zu schnell vergehen die Tage und auch Rita & Rudi machen sich leider schon auf den Weg nach Mexiko-Stadt.

Kurz vorher erreichen Doris & Günther aus der Schweiz den RV Park in San Miguel de Allende.

Die beiden sind mit ihrem IVECO Wohnmobil – das auf den Namen »Henry« getauft ist – auf der Panamericana nach Südamerika unterwegs und werden uns für die nächsten acht Wochen Gesellschaft leisten.

In einem Kolibri-Nest auf dem Campground wird inzwischen fleißig gebrütet und wir können, als die »Mama« gerade unterwegs ist, ein schnelles Foto vom frisch gebauten Nest mit den beiden winzigen Eiern machen.

Abgereisten Bekannten hatten wir versprochen, entsprechende Bilder zu schicken und so entsteht unsere Kolibri-Mailingliste, die durch Mundpropaganda rasch anwächst.

Kevin, Sohn von Marcella & Hans und Enkelsohn der Hazienda-Besitzerin Maria, wird drei Jahre alt und wir sind zur Feier eingeladen.

Der dritte Geburtstag ist ein besonderes Fest, da an diesem Tag die Eltern ihr Kind der Kirche vorstellen.

So finden wir uns pünktlich am Oratorium ein, wo jedes Kind eine individuelle Messe erhält.

Die Zeremonie findet in der prunkvollen Kapelle »Santa Casa de Loreto« statt, eine Replik der Santa Casa in Loreto, Italien.

Die reich verzierte Kapelle wurde im 18.Jhd. erbaut und ist für die Öffentlichkeit normalerweise nicht geöffnet.

Zum Abschluss verteilt die Familie an alle Anwesenden kleine Fläschchen mit heiligem Wasser aus Portugal. Eine nette Erinnerung!

Nachmittags wird im lauschigen Garten unter den alten Bäumen der Hazienda gefeiert. Viele Kinder sind gekommen und so ist die aufblasbare Rutsche oft an ihren Kapazitätsgrenzen ausgelastet.

Bei der obligatorischen »Piñata« schlagen die Kinder mit einem Stock auf eine am Seil hängende Figur aus Pappmaché, bis es daraus Süßigkeiten »regnet«.

Gegen Abend schneidet Kevin ganz souverän den Geburtstagskuchen an und es ist bei seinem gekonnten Vorgehen kaum zu glauben, dass er heute erst drei Jahre alt geworden ist.

Am »Viernes de Dolores« (Freitag vor Palmsonntag) werden in einigen Privat- und Geschäftshäusern und an öffentlichen Brunnen kunstvoll geschmückte Altäre aufgebaut, die abends öffentlich zugänglich sind.

Die Altäre sind mit weißen, violetten und roten Blumen geschmückt und die bitteren Orangen stellen die Tränen der Jungfrau dar.

Viele Menschen sind deshalb in den Straßen unterwegs und den Besuchern der wunderschönen Altäre werden kostenlose Getränke und teilweise auch Snacks angeboten.

Besonders beeindruckt uns ein Altar am Teatro Ángela Peralta, bei dem lebende Menschen die regungslosen Altarfiguren darstellen. Wie anstrengend diese Ehre sein muss!

Die Kolibris sind inzwischen auch geschlüpft und gut gewachsen. Um »unser« Weibchen etwas zu entlasten, haben wir Kolibri-Nektarspender (Hummingbird-Feeder) besorgt und in der Nähe des Kolibri-Nests aufgehängt.

Die Glasgefäße werden alle zwei Tage gereinigt und mit frischem Zuckerwasser gefüllt. Der Kolibri hält den Feeder für eine Blüte und holt sich daraus den begehrten Blütennektar.

Während »Semana Santa« (Ostern) besuchen wir verschiedene Prozessionen (siehe Bildergalerie) und es erstaunt uns immer wieder, mit welch aufopferungsvoller Hingabe und welch großem Aufwand diese Prozessionen durchgeführt werden.

Am 29. April haben die jungen Kolibris das Nest verlassen und mit letzten Bildern schließen wir unsere Kolibri-Mailingliste. Toll, dass wir diese Fotos & Videos der heranwachsenden Kolibris machen konnten.

Die Kolibri-Bilder und Kolbri-Videos haben wir auf einer eigenen Seite veröffentlicht.

Die Kolibri-Babys sind dem Campground treu geblieben und wir sehen sie immer wieder aus den Nektarspendern trinken.

Bilder

„Ein Leben ohne Feste gleicht einer weiten Reise ohne Einkehr.“
(Demokrit, 460-370 v. Chr.)
Sierra Chincua, Pátzcuaro, Paracho

Der bezaubernde Monarchfalter (Mariposa Monarca) ist ein berühmter Wanderfalter, der leicht an seiner orangenen Grundfarbe und der schwarz-weißen Zeichnung zu erkennen ist.

Zum Überwintern zieht er von den Großen Seen in Kanada/USA an einen der wenigen Überwinterungsplätze in die ca. 3.000 m hochgelegenen Wälder der Sierra Nevada in den mexikanischen Bundesstaaten México und Michoacán.

Erreichen die Mariposa Monarca Anfang November eine der etwa 30 Überwinterungskolonien auf dem vulkanischen Hochplateau, haben viele eine Strecke von mehr als 3.500 km zurückgelegt!

Im letzten Februar/März zogen ihre Vorfahren über mehrere Generationen gegen Norden.

Keiner der im Herbst ankommenden Monarchfalter war jemals zuvor in Mexiko und findet die insgesamt 5-10 ha großen Überwinterungsplätze ganz ohne GPS. Ein unglaubliches Phänomen!

Vom Besuch einer Überwinterungskolonie in der Sierra Chincua später mehr.

Im Januar erreichen Lacey & Luis in ihrem Toyota Geländewagen den Campground. Die beiden wollen bis Dezember nach Ushuaia.

Mit unseren neuen Nachbarn sind wir öfters unterwegs oder sitzen abends auf ein Glas Wein zusammen.

Lacey gefällt Bärbels selbstgemachter Schmuck, so dass auch sie, wie schon einige andere Nachbarinnen, mit Bärbel zur Schmuckklasse geht.

Einmal mehr werden aus geplanten drei Tagen ganze drei Wochen.

Glenna & Rod organisieren eine kostenlose Führung in der Glasfabrik.

Neben Glaslager und Fabrikverkauf stellt eine Aussichtsplattform in der Produktionshalle den Höhepunkt der Tour dar.

Wie in einem Ameisenhaufen wuseln die vielen Arbeiter scheinbar unkoordiniert durcheinander.

Der Hinweis auf den hauseigenen Verkaufsladen beendet den halbstündigen Rundgang.

Eine der bekanntesten mexikanischen Pilgerreisen führt jedes Jahr im Januar zur Kathedrale Maria von San Juan de los Lagos nach San Juan de los Lagos (Jalisco).

Tausende Pilger campen für eine Nacht in San Miguel de Allende und verlassen den Ort am 24.01.2010 gegen 7 Uhr früh, um sich auf die dritte Tagesetappe der neuntägigen Wallfahrt zu machen.

Mit Lacey & Luis begleiten wir die Pilger auf einer etwa 7 km langen Teilstrecke.

Die Pilger marschieren zügig, sie singen religiöse Lieder und in dem endlosen Menschenstrom sind alle Altersgruppen vertreten.

Entlang der Straßen verteilen freigiebige Anwohner kostenlosen Kaffee, Wasser, Essen oder sonstige Knabbereien an die weitreisenden Pilger.

Der Höhepunkt der heutigen Etappe ist die Überquerung des Flusses Río Laja, der den Stausee nahe San Miguel speist.

Anja & Wolf mailen von der Baja California. Sie können unseren Bekannten Uwe nicht erreichen, den wir auf der Website für Schweißarbeiten empfehlen.

Der Rahmen ihres Fahrzeugs hat einen Riss und muss repariert werden. Wir stellen den Kontakt her und einige Tage später steht der Toyota frisch geschweißt bei uns auf dem Platz.

Seit neun Monaten sind die beiden die ersten deutschen Reisenden.

An Karneval zerschlagen sich Kinder mit Konfetti und undefinierbarem Staub gefüllte Eier auf den Köpfen.

Tütenweise werden die Eierbomben an kleinen Ständen am Jardin verkauft.

Derart heimtückisch und unvermittelt sind die »Überfälle«, so dass Fotos vom Einschlag kaum machbar sind. Die weißgrauen Haare werden heute garantiert noch gewaschen.

Christine & Hans aus Österreich sind für einige Tage in San Miguel de Allende. Wir kennen uns von der Südspitze der Baja California aus Cabo San Lucas.

Die beiden sind auf dem Weg nach Norden, da sie in ein paar Wochen ihr Wohnmobil von Baltimore (USA) nach Deutschland verschiffen werden.

Und schon wieder kommt eine E-Mail, bei der es um Uwe geht. Nicole, Lothar und Marissa wurden auf der Autobahn von Uwe »ausgebremst«. Das D-Schild am amerikanischen Camper hat sie verraten!

Sie stammen, wie auch Uwe, aus der Gegend um Mundelsheim. Uwe »verrät« unseren Standort und so treffen wir erstmals Panamericana-Reisende aus unserer Region. Die drei kommen gerade von den Monarchfaltern, die wir uns übermorgen ansehen möchten.

Arturo Morales ist ein Kenner der Monarchfalter (Mariposa Monarca), an dessen informativem Vortrag wir schon im Januar teilgenommen haben. In Tagestouren bringt er kleine Gruppen von San Miguel in die Sierra Chincua, die nördlich von Angangueo liegt.

Wir nehmen jedoch einen Mietwagen, düsen früh los und erreichen nach etwa 3.25 Stunden das 200 km entfernte Angangueo. Von den heftigen Regenfällen in Angangueo hatten wir gehört.

Sieht man die weggespülten Straßen und die zerstörten Häuser mit eigenen Augen, wird aus einer emotionslosen Wetterinformation eine tiefe persönliche Betroffenheit.

Man blickt Bewohnern in die Wohnzimmer, Schlafzimmer und Küchen, weil Außenwände von den Wassermassen weggerissen wurden. Die ansteigende Ortsdurchfahrt ist zu großen Teilen eine grottenschlechte Piste. Überall liegen Geröll und weggespülte Häuserreste!

Etwa 8 km nördlich von Angangueo erreichen wir unser Ziel, auf dessen Parkplatz genau ein PKW und ein deutsches Wohnmobil stehen.

Da wir den weiten Weg zu den Schmetterlingen nicht zu Fuß gehen wollen, nehmen wir zwei Pferde.

Unterwegs kreuzen vereinzelte Monarchfalter und die Deutschen unseren Weg, und nach einer knappen Stunde sind wir kurz vor unserem Ziel.

Führer bringen uns noch einige Minuten zu Fuß bergab und unzählige Mariposas sind in den Sträuchern, Bäumen und in der Luft zu sehen.

Überall Paaren sich Schmetterlinge und unsere Führer meinen grinsend, dass das drei Tage so geht.

Weiter unten am Wasser sind noch mehr Schmetterlinge! Fast eine Stunde halten wir uns hier auf, bevor wir wieder zurückreiten.

Wir sind so gut in der Zeit, dass wir uns die eingeplante Übernachtung sparen und gleich nach San Miguel zurückfahren.

Am nächsten Tag besuchen wir mit Nicole, Lothar und Marissa den abgelegenen Ort La Huerta.

Südlich von San Miguel geht es vor der Staumauer über einen mehrere Kilometer langen Feldweg dem Fluss entlang.

In La Huerta steht einer der dicksten Bäume von Mexiko mit fast 8 m Durchmesser.

Es ist eine Mexikanische Sumpfzypresse (Taxodium mucronatum), die auch Montezuma-Zypresse genannt wird.

Ein Ausflug bringt uns nach Pátzcuaro im Bundesstaat Michoacán, der alten Hauptstadt der Tarasken.

Pátzcuaro wurde Anfang des 14 Jh. in den Hügeln über dem Pátzcuaro-See gegründet und die Gegend ist für ihr traditionelles Kunsthandwerk (Tonwaren, Kupfer, Keramik, Holzschnitzereien, Körbe, Gitarren) berühmt.

Wir haben uns für das La Parroquia Hotel entschieden, ein Juwel aus kolonialer Vergangenheit und im Herzen von Pátzcuaro gelegen.

Noch ist es ruhig in der Stadt und die Zimmerpreise sind moderat, da Palmsonntag erst in ein paar Tagen ist.

Wir bummeln durch die Geschäfte der beiden Hauptplätze, besuchen die Bibliotheka Pública, das ehemalige Nonnenkloster, verschiedene Kirchen, den Markt und die La Basilica.

Am nächsten Morgen fahren wir zu einem Aussichtspunkt direkt am Pátzcuaro-See. Wir wollen uns die Insel Janitzio und das Morelos Denkmal nur aus der Ferne ansehen, da sich Besuch der Insel nicht lohnen soll.

Lieber fahren wir zum etwa 30 m hohen Wasserfall Cascada de Tzaráracua, der südlich von Uruapan liegt.

Während der Abstieg zum Wasserfall eine Entspannung darstellt, gestaltet sich der lange Aufstieg in der Mittagshitze recht mühsam.

Das Tarasken-Städtchen Paracho ist für seine traditionelle Herstellung von Gitarren bekannt.

An halbfertigen Gitarrenteilen erklärt der erste Ladenbesitzer, wie er seine handgefertigten Gitarren baut. Scheinbar kann er das, ohne Spuren auf dem spanfreien Werkstattboden zu hinterlassen! Ein Schelm, der Böses dabei denkt!

Vor einem Gitarrengeschäft fällt uns dieser Kleinlaster auf, aus dem Gitarren ausgeladen werden.

Ein neugieriger Blick in den Laderaum bringt weit über 100 Gitarren zum Vorschein, die, sobald sie im Verkaufsraum sind, garantiert vom Ladeninhaber handgefertigt wurden.

Gegenüber der spanfreien Werkstatt kauft ein Mexikaner aus Paracho eine Gitarre für seinen Sohn.

Bei der netten Unterhaltung erfahren wir, dass 7-8 der Traditionsbetriebe nur noch die Gitarren einer einzigen Firma verkaufen. Das erklärt den Lieferwagen und die spanfreie Werkstatt von gegenüber!

Jesús, Ladenbesitzer und diplomierter Gitarrenbauer, schwärmt vom Besuch von Carlos Santana vor drei Jahren. Ja, er hat ihn gleich erkannt! Aus einem handgemachten Gitarrenkoffer holt er eine baugleiche Gitarre, wie sie auch Carlos Santana gekauft hat.

Es ist eine wunderschöne halbakustische Gitarre mit hervorragendem Klang, deren Sonderpreis jedoch deutlich über dem angepeilten Rahmen liegt.

Wir schauen uns einige Instrumente an, landen schließlich wieder bei der »Santana«-Gitarre und nach zähem verhandeln akzeptiert Jesús unser Angebot.

Vom Erinnerungsfoto versprechen wir einen Abzug und Jesús erzählt, dass er seine handgefertigten Gitarren in die ganze Welt liefert.

Ob Carlos Santana wirklich auf dem blauen Stuhl saß, ist nicht so wichtig. Ob beim Preis doch noch etwas Luft gewesen wäre, wissen wir auch nicht. Aber Spaß hat es gemacht und die Gitarre ist klasse! Jetzt muss sie nur noch gespielt werden! Spät machen wir uns auf den langen Heimweg und kommen erst bei Dunkelheit am Campground an.

Marissa feiert ihren zweiten Geburtstag und wir sind dazu eingeladen. Die Partyzone am Camper ist hübsch geschmückt und nachmittags gibt es Kaffee und Kuchen. Oft sitzen wir mit Nicole und Lothar abends zusammen. Inzwischen ist es länger hell und viele Abende schon angenehm warm.

Am Palmsonntag beginnen schon morgens die ersten Prozessionen der ereignisreichen Osterwoche. Die Straßen werden dazu mit bunten Blumen geschmückt.

Am Mittwoch besuchen wir am späten Nachmittag eine Prozession mit 100 kleinen Mädchen, die allesamt als Engel verkleidet sind.

Für Gründonnerstag hat sich Uwe mit Familie für zwei Nächte angekündigt.

Dann ist der Campground ganz in schwäbischer Hand!

Bilder

„In jedem Geschöpf der Natur lebt das Wunderbare.“
(Aristoteles, 384-322 v. Chr.)
San Miguel de Allende, Bernal

Der Día de los Muertos (Tag der Toten) ist einer der wichtigsten mexikanischen Feiertage und wird alljährlich am ersten und zweiten November gefeiert.

Nach altem indianischem Glauben besuchen die Seelen der Verstorbenen an diesem Tag ihre Familien.

In Mexiko wird dieser Feiertag als Familienfest begangen – nicht als Trauertag. Es wird gegessen, getrunken, musiziert und getanzt.

So treffen sich ganze Großfamilien am Grab der Verstorbenen und bringen Essen, Trinken und auch die Gitarre mit. Wer selbst kein Instrument spielt, kann zur musikalischen Unterhaltung einen der zahlreichen Mariachis engagieren.

Zum feierlichen Empfang der heimkehrenden Seelen werden die Gräber mit bunten Blumen und Kerzen geschmückt.

Mit orangefarbenen und gelben Blumen geschmückte Opferaltäre zieren die Wohnungen und die öffentlichen Plätze.

Ein Bild des Verstorbenen, seine Lieblingsspeisen & Lieblingsgetränke, Totenköpfe aus Zuckerguss und Skelette werden liebevoll auf den Altären arrangiert.

Verschiedenfarbig gefärbter Mais und Bohnen werden ebenfalls zur Dekoration verwendet.

Auf den öffentlichen Plätzen freuen sich besonders die hungrigen Tauben über das dekorative Futter.

In der Parroquia werden anlässlich des Día de los Muertos die Bodenplatten vor dem Altar entfernt, wodurch die steile Steintreppe zur darunterliegenden Krypta freigegeben wird und wir zu den alten Grabstätten in eine geheimnisvolle Welt hinabsteigen können.

Die Luft ist leicht modrig, wir sehen Gräber in den Wänden, steinerne Sarkophage und der Boden besteht aus beschrifteten Grabplatten.

Man geht und steht auf Gräbern!

Die Atmosphäre ist eigenartig, geheimnisvoll, ehrfürchtig und friedvoll.

Die anwesenden Besucher sind meist Mexikaner, die teilweise auch Blumen an den Gräbern ihrer Vorfahren hinterlassen.

Eine Tagestour führt uns über Querétaro in das ca. zwei Stunden entfernte Kolonialstädtchen Bernal.

Nach dem Mount Augustus in Australien und dem Zuckerhut in Rio de Janeiro ist der Peña de Bernal der dritthöchste Monolith der Erde.

Von der besonderen Energie dieses Ortes spüren wir wegen des kräftezehrenden Aufstiegs recht wenig.

Aber mit jedem Höhenmeter wird die Aussicht über das schöne Tal und den kleinen Ort spektakulärer. Entlang des Wanderwegs verkaufen fliegende Händler ihre kalten Getränke und stärkendes Essen aus hochgeschleppten Kühltaschen.

Und in der mächtigen Wand des Monolithen entdecken wir einzelne Bergsteiger, die zum entfernten Gipfel klettern. Auf dem Rückweg begegnen wir einem Nordamerikaner der schon mehrmals durch Deutschland gereist ist und sogar etwas Deutsch spricht. Es ist immer wieder erstaunlich wie viele Leute man trifft, die zumindest ein paar Worte Deutsch sprechen.

Folgenreiche Begegnungen ereignen sich meist völlig unerwartet.

Supermarkt MEGA! Lange Schlange beim Brot – sehr lange Schlange!

Bärbel stellt sich schon mal an, während Joachim diverse Backwaren aus den Regalen mit der Backwaren-Zange auf unser Aluminium-Tablett balanciert.

Hinter Bärbel bildet inzwischen ein vollbärtiger Gringo das Ende der Schlange. Ein aufgeschnappter süddeutscher Sprachfetzen führt ihn zu der Frage: Parlez-vous français? Wir einigen uns auf Englisch!

Michel und Ginette kommen aus Québec und sind auf dem Weg nach Ushuaia, Feuerland. Die beiden bleiben etwa sechs Wochen in San Miguel, um hier Spanischunterricht zu nehmen. Den Spanischlehrer, einen jungen Mexikaner, haben sie in einem anderen Laden kennengelernt.

Wir schwärmen von den Vorteilen unseres stadtnahen Stellplatzes und Michel ist sichtlich interessiert, da die beiden etwas weiter außerhalb auf dem Siesta RV Park stehen.

Wir versprechen ihm eine E-Mail mit dem Link zur Website unseres Stellplatzes und einer kurzen Wegbeschreibung. Wie aber notieren wir die E-Mail-Adresse? Unser Kugelschreiber und die Rückseite seiner Einkaufliste ergänzen sich perfekt!

Am nächsten Morgen besichtigen Michel und Ginette unseren RV Park und sind für die nächsten sechs Wochen unsere Nachbarn. Wir entdecken viele gemeinsame Interessen und zwischen uns vieren entwickelt sich im Laufe der sechs Wochen eine Freundschaft, die über den üblichen Rahmen einer Reisebekanntschaft hinausgeht.

Wir wundern uns alle, dass die Kommunikation über eine Fremdsprache bei der Vielfalt der Themen derart problemlos funktioniert.

Und wenn es mit Englisch mal klemmt, wird auf Spanisch ausgewichen (das dem Französisch ähnlich ist) oder wir verstehen das französische Wort oder einer der beiden das deutsche Wort.

Alljährlich feiert ganz Mexiko am 12. Dezember den Día de Nuestra Señora de Guadalupe (Tag der Jungfrau von Guadalupe).

Die Virgen de Guadalupe (Jungfrau von Guadalupe) ist Mexikos Nationalheilige und wird als Schutzpatronin im ganzen Land verehrt.

Die Kirchenglocken der San Antonio Kirche (in der unmittelbaren Nachbarschaft) läuten von früh am Morgen bis spät in die Nacht, Musik spielt und Böller explodieren.

Nachmittags sind etwa 100 Reiter mit ihren Pferden an der Kirche, unsere Straße ist gesperrt und viele Gläubige reihen sich in einer langen Schlange vor der Kirche auf.

Maria, das Familienoberhaupt der Webers (RV Park), verkauft an einem der Hoftore selbstgemachtes, gut schmeckendes Essen an die zahlreichen Passanten und Kirchengänger. Zum Abschluss des Festtages gibt es abends an der San Antonio Kirche eines dieser typischen mexikanischen Feuerwerke.

Die Wohltätigkeitsorganisation »So Others May Eat« sucht für eine große Wohltätigkeitsveranstaltung am 24.12. noch freiwillige Helfer. Wir melden telefonisch unsere Mithilfe an.

An Heiligabend sollen bedürftige Menschen, viele verarmt oder obdachlos, mit kostenlosem Essen und Getränken versorgt werden. Die Organisatoren erwarten etwa 800 zu bewirtende Gäste.

Pünktlich um 10 Uhr passieren wir das beschriebe Tor, gehen durch einen etwa 30 m langen Tunnel und erreichen einen großen Innenhof auf dem Gelände der Parroquia.

Kurz nach uns treffen weitere Helfer aus Kanada ein, wobei Elsa aus Toronto sogar deutsche Wurzeln hat. Ihre Großmutter sprach noch Deutsch.

Wir beginnen mit dem Aufbau der zahlreichen Stühle für die Gäste und der wenigen Tische für das Essen. Für die Gäste sind keine Tische vorgesehen.

Unzählige Geschenke werden aus einem Raum geholt, teilweise vervollständigt und auf einem der Tische in der Nähe der Bühne aufgebaut.

Die Geschenke werden später bei einer Tombola unter den Gästen verlost.

So gegen 11 Uhr sind noch einige weitere Helfer eingetroffen, wir spannen ein Sonnendach über den Stühlen auf und beginnen anschließend mit der Zubereitung des Essens.

Mangels übergeordneter Organisation erklären wir uns selbst für die Produktion der Sandwiches zuständig und organisieren zusammen mit einem Lehrer aus New York eine kleine »Fertigungsstraße«, an der etwa 10 Personen die einzelnen Arbeitsgänge verrichten (aufschneiden, bestreichen, Zutaten (Käse, Tomaten, Salat) vorbereiten, belegen, in Servietten einwickeln, stapeln).

So werden in den nächsten zwei Stunden ein paar Hundert Sandwiches hergestellt und bei Bedarf an die nächste Abteilung weitergereicht.

Kurz vor dem offiziellen Beginn erscheinen gegen 13 Uhr immer mehr »Helfer«, oft in bester Kleidung und teils mit großer Spiegelreflexkamera am wohlgenährten Gringo-Bauch hängend.

Zuerst halten wir diesen Menschenauflauf von Bleichgesichtern für eine Besichtigungstour.

Aber nein, auch das sind »Helfer« mit offiziellen Namensschildern – gesehen und gesehen werden, scheint hier die Devise zu sein.

Das kostenlose Essen für die Helfer soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben.

Tatsächlich sind nur etwa 300 Gäste gekommen und noch reichlich Essen ist vorhanden. Dieses wird zum Abschied unter den aufbrechenden Gästen verteilt, welches diese gerne entgegennehmen.

Aus deutscher Sicht sind die fehlenden Vorgaben für die zusammenhängenden Arbeitsabläufe und die rudimentären hygienischen Bedingungen (Händewaschen in zwei »gemeinsamen« Schüsseln) bei der Organisation der Veranstaltung zu bemängeln. Letztlich heiligt der gute Zweck die Mittel und das Ziel wurde auf mexikanische Art und Weise ja auch bestens erreicht!

Nach rund fünf Stunden verabschieden wir uns, denn eine andere Feier erwartet uns – ein Potluck.

Ein Potluck ist ein Fest, zu dem jeder etwas zu Essen und zu Trinken mitbringt. Auf unserem RV Park findet heute ein solches Potluck statt.

Einige Camper haben Freunde mitgebracht und einer unserer Nachbarn hat gleich alle Camper des anderen Campingplatzes dazu eingeladen.

So ist es entsprechend voll und viele fremde Gesichter tummeln sich auf dem ansonsten so überschaubaren Platz. Es wir viel geredet, gegessen, getrunken und gelacht.

Maria bringt abends ans Lagerfeuer noch einen grandiosen selbstgemachten Punsch, den sie mit verschiedenen Früchten aus der Region frisch zubereitet hat.

Der alkoholfreie Punsch wird aus einer großen Flasche mexikanischen »Agavensafts« entsprechend dem persönlichen Geschmack individuell »verfeinert«.

Gegen Mitternacht löschen die Letzen das Lagerfeuer und ein erfüllter Tag neigt sich dem Ende!

Nun zählen wir die Tage, denn Ginette und Michel reisen am 27. weiter.

Es gibt noch so viel zu erzählen und entsprechend spät wird es auch die folgenden Abende.

Isabelle & André aus Frankreich fahren nach zwei Wochen ebenfalls am 27. weiter. Die beiden Franzosen wollen auch bis Ushuaia und danach nach Australien. Um die Mittagszeit folgt dann der schwere Abschied von Ginette und Michel.

Noch ein letztes Gruppenfoto, eine freundschaftliche Umarmung und die beiden machen sich mit unseren besten Wünschen auf den Weg nach Süden.

Am Silvesterabend nehmen wir zusammen mit Glenna und Rod an einer indianischen Vollmond-Zeremonie im botanischen Garten teil. Heute gibt es einen Blue Moon, also der zweite Vollmond innerhalb eines Monats. Am Silvesterabend ist dieses sehr seltene Phänomen etwa alle 19 Jahre zu bestaunen.

Die indianische Zeremonie soll zum inneren Gleichgewicht mit Natur und Erde führen. Rasseln, Trommeln, Flöten, Gesang, Feuer und Weihrauch schaffen eine mystische Atmosphäre hoch über San Miguel.

Wir wünschen allen Lesern ein gesundes Jahr 2010!

Bilder

„Es ist in der Tat besser,
auf der Reise durchs Leben Freunde zu haben
als dankbare Abhängige.“
(Oliver Goldsmith, 1728-1774)
Querétaro, Mineral de Pozos, Dolores Hidalgo

La Carrera Panamericana ist die wohl härteste Speed-Rallye der Welt, die in sieben Tagen etwa 3.500 km durch drei von vier Klimazonen Mexikos führt.

In hochgerüsteten Renn-Oldtimern rasen etwa 100 Teams von Huatulco im tropischen Süden, über Oaxaca, Ciudad de México, Querétaro, San Luis Potosi, Guadalajara, Zacatecas bis in den Norden zur Grenzstadt Nuevo Laredo.

So stellt die La Carrera Panamericana auch in diesem Jahr wieder höchste Anforderungen an Mensch und Maschine!

Das legendäre Rennen findet erstmals 1950 zur Eröffnung des mexikanischen Abschnitts der Panamericana statt.

Wer auf der Panamericana unterwegs ist, darf sich dieses Spektakel einfach nicht entgehen lassen.

Und so interessieren wir uns für das Rennen und die tollkühnen Männer (und Frauen) in ihren fliegenden Kisten.

Von San Miguel de Allende ist der nächstgelegene Punkt der diesjährigen Strecke im ca. 65 km entfernten Querétaro.

Zuvor stehen jedoch noch einige Feste im Kalender.

Die Geschichtsbücher des mexikanischen Unabhängigkeitkampfes räumen San Miguel de Allende einen prominenten Platz ein, und so hat der Unabhängigkeitstag hier eine ganz besondere historische Bedeutung.

Schon am Vorabend feiert man am Jardin mit Feuerwerk und dem berühmten El Grito, mit dem der Pfarrer Miguel Hidalgo vor 199 Jahren den Unabhängigkeitskampf gegen die Spanier auf den Stufen seiner Kirche in Dolores ausrief.

Pfarrer Miguel Hidalgo marschierte damals mit seinem Gefolge vom nahegelegenen Dolores zum Kloster Atotonilco und weiter nach San Miguel, um sich hier mit Ignacio Allende und seinen Leuten zu vereinen.

Die Ankunft der Unabhängigkeitskämpfer wird alljährlich durch einen traditionellen Marsch mit Reitern und Fußvolk in historischen Kostümen nachgestellt.

Nicht weniger spektakulär sind die Gedenkfeiern zu Ehren des San Miguel Arcángel (Erzengel Michael) am 29. September, dem Schutzpatron der Stadt.

Am darauffolgenden Samstag wird um 4 Uhr früh (!) ein gigantisches und ohrenbetäubendes Feuerwerk von beiden Seiten des Jardin abgefeuert.

Von der Parroquia schießen Feuerwerkskörper mitten in die Menschenmenge, starker Pulvergeruch liegt in der rauchgeschwängerten Luft, es ist unbeschreiblich laut, imposant, beispiellos und die endlose Ballerei wirkt eigentümlich schön.

Sechzig Minuten dauert dieses krachende Schauspiel. Eine Anregung fürs nächste Stadtfest – morgens um 4 Uhr in Deutschland.

Gegen 6 Uhr fallen wir ins Bett – der Spanischkurs um 9 Uhr fällt aus.

Dafür gehen wir nachmittags zum bunten Umzug, bei dem liebevoll geschmückte Tänzer in traditioneller Aufmachung die verschiedenen indigenen Stämme der Umgebung repräsentieren.

Viele der Tänzer geraten dabei förmlich in Trance, was bei der langen Anstrengung und den Temperaturen nicht verwunderlich ist.

Die La Carrera Panamericana hat begonnen und wir fahren nach Querétaro, einer Großstadt mit herausragender geschichtlicher Bedeutung und seit 1996 UNESCO-Weltkulturerbe.

Das koloniale Stadtzentrum ist sehr gepflegt und gilt als relativ sicher. Viele deutsche Firmen haben sich in Querétaro angesiedelt.

Wir besichtigen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Querétaro, darunter eindrucksvolle Kirchen, hübsche Plätze und den knapp 1300 m langen Aquädukt von Querétaro, der die wasserarme Stadt seit 1738 mit Wasser versorgt.

Die La Casa de la Marquesa – einst nobler Stadtpalast einer angesehenen Familie – ist heute ein stilvolles Hotel, das man sich unbedingt von innen ansehen sollte.

Benzin liegt in der Luft! Es ist 17:00 Uhr, die offizielle Ankunftszeit der La Carrera Panamericana am Templo San Francisco.

Arco de Lledgada nennt man das rote aufblasbare Tor, das als Ziel der heutigen Etappe durchfahren wird.

Unser Spitzenplatz direkt am Absperrgitter verspricht beste Sicht auf die nahe Zieldurchfahrt.

Das denkt sich eine kleine Gruppe von Organisatoren auch und stellt sich auf der anderen Seite des Gitters direkt in unser Blickfeld.

So wird das nichts mit Fotos – es nervt! Platzwechsel!

Entlang der Straße sind überall Zuschauer und ein guter Platz ist nicht mehr zu finden.

Wir stehen gerade am Ende der Absperrung, als sich ein Offizieller an uns vorbei durch die Menschenmenge in Richtung Straße quetscht.

Der will vor das Gitter! Ehe wir uns versehen, gelangen wir in seinem Windschatten in den abgesperrten Bereich am Ziel.

Endlich mehr Platz, bessere Sicht und mittendrin!

Direkt neben uns stehen Organisatoren, auf der anderen Seite das Fernsehen, rechts und links der Straße die Absperrgitter, dahinter die Zuschauer.

Man sieht uns, aber man schickt uns nicht weg. Was die wohl denken, wer wir sind? Eine DSLR scheint hier noch Eindruck zu machen.

Die Wertungsprüfungen waren außerhalb der Stadt und die Fahrzeuge kommen nacheinander durch das vielleicht 15 m entfernte Ziel.

Hostessen auf jeder Fahrbahnseite verleihen Fahrer und Beifahrer eine hübsche Medaille für das erreichte Tagesziel.

Zwischen dem Ende der Absperrung und dem Nachtplatz der Fahrzeuge bildet sich eine immer enger werdende Menschengasse, die Teams werden wie Helden begrüßt und den hupenden Fahrzeugen wird – stellvertretend für die unerreichbare Schulter der Besatzung – auf Dach oder Kotflügel geklopft.

Auch Süddeutschland hat seine Helden geschickt und so begegnen uns mitten in Mexiko nicht nur die allgegenwärtigen VW-Käfer, sondern auch Porsche und Mercedes aus Stuttgart, Balingen und Starnberg.

Mehr und mehr Zuschauer drängen im abgesperrten Bereich nach vorne, so dass wir lieber zu den bereits geparkten Boliden gehen, um noch einige Bilder zu machen.

Viele Fahrzeuge wurden vom Team schon verlassen, während engagierte Teams ihre Fans noch mit Autogrammen beglücken und sich mit interessierten Zuschauern unterhalten.

Hier treffen wir auch Alexandra und Thomas an ihrem schwarzen Mercedes 280 SE mit Startnummer 382, deren Internetseite wir schon vorher entdeckt und das Blog verfolgt hatten.

Nach einer netten Unterhaltung schauen wir noch die anderen Fahrzeuge an und machen uns zügig auf den bereits dunkel werdenden Heimweg.

Eine Tagestour führt uns in das Städtchen Dolores Hidalgo und zur ehemaligen Kirche von Pfarrer Miguel Hidalgo, der hier mit dem Grito de Dolores (Schrei von Dolores) im Jahre 1810 den Unabhängigkeitskampf gegen die Spanier auf den Stufen seiner Kirche ausrief.

Wir besuchen das Museo de la Independencia Nacional, welches Bilder, Dokumente und weitere Gegenstände des Unabhängigkeitskampfes ausstellt.

Unser Rückweg führt uns am Kloster Atotonilco vorbei (siehe Fotogalerie Atotonilco), aus dem sich Hidalgo damals die Kirchenfahne mit dem Bildnis der Virgen de Guadalupe (Jungfrau von Guadalupe) holte, bevor er nach San Miguel weitergezogen ist.

Eine andere Tour bringt uns in den 60 km entfernten Minenort Mineral de Pozos, der mit bis zu 80.000 Einwohnern und über 300 aktiven Minen einst zu den vier wichtigsten Städten im Staat Guanajuato gehörte.

Bis in die 1950er Jahre verkam Pozos zu einer Geisterstadt mit nur noch 200 Einwohnern.

Nachdem Pozos zum National Monument erklärt wurde, setzte ein kleiner Aufschwung ein, so dass der Ort heute angeblich wieder über 2000 Bewohner zählt.

Der Besuch von Pozos ist eine Zeitreise ins vorletzte Jahrhundert, das gleich am Ortseingang beginnt.

Hier tauscht der Zeitreisende das glatte Asphaltband der Neuzeit in das raue Kopfsteinpflaster der kolonialen Vergangenheit.

Die hellen Gebäude unterstreichen die Tristesse eines verlassenen Ortes.

Welch ein Kontrast zu den farbenfrohen Fassaden und dem bunten Leben in Guanajuato, San Miguel de Allende und Dolores Hidalgo, mit denen Pozos einst in einem Atemzug genannt wurde.

2000 Einwohner soll der Ort haben! Wo sind die nur? Farbe holen?

Am ersten November feiert Mexiko den berühmten Día de los Muertos (Tag der Toten). Zwei Bilder der Vorbereitungen sind in der Bildergalerie dieses Berichts (s.u.).

Mehr Bilder und Infos vom Día de los Muertos folgen im nächsten Bericht.

Bilder

„Es wird Wagen geben, die von keinem Tier gezogen werden
und mit unglaublicher Gewalt daherfahren.“
(Leonardo da Vinci, 1452-1519)
San Miguel de Allende

In Dawson City erliegen wir beinahe der relaxten Beschaulichkeit des hohen Nordens, im charmanten Victoria verhindern die herbstlichen Temperaturen gerade noch Schlimmeres und am traumhaften Strand der Baja California lädt die vorbeifahrende Festland-Fähre täglich zur Mitfahrt ein.

Nun versprüht die bezaubernde Kolonialstadt San Miguel de Allende die unbeschwerte Lebensart des Südens, Minustemperaturen sind hier fremd und im hügeligen Hochland fordert uns auch keine Fähre zur Weiterfahrt auf!

So vernebelt die magische und bunte Atmosphäre der Pueblo Mágico unsere Sinne, wir entdecken täglich Neues, lernen außergewöhnliche Menschen kennen und die Tage ziehen unaufhaltsam vorüber.

Es ist also geschehen: Unseren Übernachtungsplatz buchen wir schon monatsweise, wir besitzen mexikanische Mobilnummern und sind nun seit gut vier Monaten im zentralen Hochland in San Miguel de Allende.

Mitte April packen die letzten »Winterurlauber« aus USA und Kanada zusammen, machen ihre Wohnmobile reisefertig und begeben sich im kleinen Konvoi auf den langen Trek nach Norden.

Jetzt sind im RV Park nur noch drei Plätze dauerbelegt und als auch unsere verbliebenen Nachbarn vorübergehend unterwegs sind, haben wir den RV Park praktisch für uns allein.

Nur selten kommen zu dieser Jahreszeit neue Reisende. Vielleicht zwei Wohnmobile pro Monat, die entweder nur für eine Zwischenübernachtung oder gleich für eine Woche und länger bleiben.

Ohnehin sind ab April deutlich weniger Bleichgesichter in den Straßen der Stadt zu sehen und wir erleben nur die angenehmen Seiten der unausgelasteten, touristischen Infrastruktur. Ab Juli kommen die Touristen zurück, aber San Miguel wirkt niemals überlaufen.

Die Regenzeit verspätet sich und entsprechend trocken und staubig ist der Juni.

Die Kehle wird selbst bei kurzen Erledigungen unangenehm, ja fast schmerzhaft trocken und man erinnert sich an alte Western, in denen die Helden den langen Ritt im Salon beendeten, um sich den heißen Staub aus der trockenen Kehle zu spülen.

Jeder hofft, dass der ersehnte Regen bald kommt und dadurch die Atemluft staubfreier und kühler wird.

Mit künstlicher Beregnung führt man im RV Park einen ungleichen Kampf gegen die unbezwingbare Trockenheit.

Abends wirbeln böige Winde oft meterhohe Staubwolken quer über den Platz und mitten durchs Reisemobil.

Die Maus, die auf dem Tisch gerade noch verschleißfrei gleiten konnte, fühlt sich danach wie ein Schleifklotz auf Sandpapier an.

San Miguel ist die Stadt der Feste, der Kunst und der Kultur.

Musik und Feuerwerke begleiten die zahlreichen Festivitäten, die meist an Wochenenden und oft über mehrere Tage gefeiert werden.

Auch bei Kirchenfesten sind moderne Open-Air-Live-Musik und Feuerwerke häufig fester Bestandteil der Veranstaltung.

An der Iglesias San Antonio wird die halbe Nacht Musik gespielt und eines der größten Feuerwerke kurz vor Tagesanbruch – um etwa 6:00 Uhr morgens – ohrenbetäubend abgefeuert!

Wie von Sinnen werden dazu lautstark die Kirchenglocken per Hand geläutet. In Deutschland unvorstellbar!

Der Dia de los Locos ist der im Juni gefeierte »Tag der Narren«, an dessen farbenfrohen und verrückten Umzug angeblich bis zu 10.000 Narren und über 50 Fahrzeuge teilnehmen. Ein wirklich närrisches Vergnügen!

Kulturell ist San Miguel eine Fundgrube der besonderen Art.

Musikkonzerte, Tanzvorführungen, Filmfestival, Ausstellungen, unzählige Galerien u.v.a.m. sorgen dafür, dass bei Interessierten absolut keine Langeweile aufkommt.

Zur persönlichen Entfaltung bieten sich eine Vielzahl von künstlerischen und handwerklichen Kursen an.

Dazu gehören das Erlernen von Musikinstrumenten, Tanz, Schmuckherstellung, Teppich weben, Töpfern, Malerei, Fotografie u.v.a.m.

Nicht unerwähnt sollen die zahlreichen Sprachschulen und Sprachlehrer bleiben, die neben Spanisch auch andere Sprachen unterrichten.

Die Regenzeit beginnt und der trockene Staub verschwindet.

Meist nachmittags ziehen vereinzelt weiße Wolken am ansonsten blauen Himmel auf. In der Ferne werden sie dichter, dunkler und rücken unaufhaltsam näher.

Dann vollbringt Tláloc zügig sein erfrischendes Werk und lässt meist kurz darauf das warme Licht der Abendsonne wieder scheinen.

Die Landschaft verändert sich rapide. Überall grünt, treibt und sprießt die Natur.

»Der Sachen sprießen lässt« lautet die Übersetzung von Tláloc, dem Namen des Regengottes der Azteken.

Im August und September soll er Überstunden machen, denn in diesen Monaten wird, wegen des verspäteten Anfangs, der Höhepunkt der Regenzeit erwartet. Wir sind gespannt und werden berichten!

Unseren Aufenthalt in San Miguel erleben wir als unerwartete und bereichernde Etappe auf der bisherigen Reise.

Dieser Reiseabschnitt bringt seine ganz eigenen Qualitäten mit sich, mit denen wir so nicht gerechnet haben und die wir auch nicht missen möchten.

Die nächsten Wochen verbringen wir noch in San Miguel und werden auch im Umland unterwegs sein.

Bilder

„Das kommt davon,
wenn man auf Reisen geht.“
(Albert Lortzing, 1801-1851)
Guanajuato, San Miguel de Allende

Ignacio Allende, ein aus gutem Hause stammender Capitán der spanischen Armee, gehörte zusammen mit den anderen Unabhängigkeitsführern Miguel Hidalgo und Juan Aldama zur Verschwörergruppe von Querétaro.

Er wurde am 21.1.1769 in San Miguel el Grande geboren und am 26.06.1811 – am gleichen Tag wie Aldama und Jiménez – in Chihuahua von den Spaniern standrechtlich erschossen. Hidalgo wurde vier Tage später exekutiert.

Zur Abschreckung hat man die Köpfe von Hidalgo, Allende, Aldama und Jiménez für zehn Jahre (1811 bis 1821) an den vier Ecken der Außenfassade der Alhóndiga de Granaditas in Guanajuato zur Schau gestellt.

Die alte Silberstadt Guanajuato (120.000 Ew., 2.000 m ü.d.M.) entstand in einem engen Flusstal, welches die räumliche Ausdehnung der farbenfrohen Stadt nur entlang der steilen Berghänge gestattet.

Die verwinkelten Gassen der Innenstadt werden platzsparend durch unterirdische Straßen entlastet, die den Verkehr im ausgetrockneten Flussbett oder in alten Bergwerksstollen leiten.

An den Hängen der edelmetallhaltigen Berge führt die kurvenreiche Carretera Panorámica in bester Aussichtlage um die Innenstadt, der wir 17 km bis zum stadtnahen Trailer Park folgen.

Einige Stromleitungen sind zum Greifen nah, so dass wir mehrfach auf die Gegenfahrbahn ausweichen.

Unsere Radioantenne kann es trotzdem nicht lassen und vermittelt der einen oder anderen Stromleitung, dass es neben elektrischer Energie auch Bewegungsenergie gibt.

Zu guter Letzt versperrt uns, 80 m vor unserem Ziel, ein grüner Gartenschlauch, der vor der Windschutzscheibe quer über die kopfsteingepflasterte Fahrbahn hängt, die abschüssige Einbahnstraße.

Mehrere entgegenkomme PKW stauen sich geduldig am Trailer Park, bis der Gartenschlauch endlich hochgezogen wird und wir freundlich winkend in der engen Einfahrt unseres Übernachtungsplatzes verschwinden.

Keiner hupt, keiner regt sich auf! Das schätzen wir so an Mexiko!

Auf der Kopfsteinpflasterstraße geht es zu Fuß bergab in die lebendige Innenstadt.

Dort erkunden wir die bahnhofsähnlichen Hallen des Mercado Hidalgo, in denen allerlei Waren, wie Obst, Gemüse, Gewürze, Kleidung, Schmuck usw., angeboten werden.

Wir folgen der Av. Juárez am Plazuela de los Angeles vorbei zum berühmten Callejón del Beso (Kussgässchen).

Das Kussgässchen ist knapp 70 cm breit und ermöglicht Liebespaaren das nachbarschaftliche Küssen von Haus zu Haus.

Die gelb/rot gestrichene Basilica de Nuestra Señora de Guanajuato wirkt, verglichen mit der prunkvoll verzierten Kathedrale in Zacatecas, relativ schlicht.

Sie passt jedoch ganz gut zu den bunten Häusern dieser farbenfrohen Stadt.

Der edle, barocke Innenraum, in dem die Statue der Señora de Guanajuato präsentiert wird, entfaltet dafür eine unerwartet imposante Wirkung.

In wenigen Minuten schlendern wir von der Basilica zum Jardin de la Unión, der in der Fußgängerzone gegenüber des Teatro Juarez liegt.

Während wir das schöne Teatro fotografieren, entdeckt ein Clown, den man treffender als Situationskomiker beschreiben könnte, neue Opfer. Uns!

Wie ein Model post er ungefragt vor unserer Kamera und unterhält damit sein Publikum, das die breite Treppe zum Teatro als Tribüne nutzt.

Wir nehmen unsere Opferrolle an und unterstützen ihn beim spontanen Fotoshooting.

Mit dem Applaus des Publikums geleitet uns der Pantomime danach geschickt auf die Tribüne.

Weitere Passanten werden in die »sprachlose«, aber gestenreiche Show einbezogen und die Tribüne füllt sich stetig mit unschuldigen Opfern und freiwilligen Zuschauern.

Die Funicular (Standseilbahn) bringt uns zur Aussichtsplattform des Monumento al Pipila, dem Denkmal eines mexikanischen Volkshelden.

Als Hidalgo mit seinen Gefolgsleuten Guanajuato einnehmen wollte, verschanzten sich die spanischen Soldaten in der festungsartigen Alhóndiga.

Einzunehmen war die Alhóndiga nur, indem die massive Holztür in Brand gesteckt wurde.

Für dieses Himmelfahrtskommando meldete sich der einfache Minenarbeiter Juan José de los Reyes Martínez (1782-1863), genannt Pipila.

Um sich vor den tödlichen Kugeln der spanischen Musketen zu schützen, band er sich einen großen flachen Stein auf den Rücken.

Mit Teer, Fackel und Stein kroch er unter feindlichem Beschuss zur hölzernen Eingangstür, bestrich diese mit Teer und setzte so die schwere Holztür in Brand. Der Rest ist mexikanische Geschichte!

Die Alhóndiga de Granaditas ist ein gewaltiges Gebäude, das in seiner 200jährigen Geschichte schon Getreidespeicher, spanische Festung, Gefängnis und Museum war.

Wir besuchen das in der Alhóndiga untergebrachte historische Museo de la Alhóndiga de Granaditas, welches Gedenkstätte für die Unabhängigkeitskämpfer ist, prähispanische Funde ausstellt und Dokumente zur Stadtgeschichte zeigt.

An den Wänden der großzügigen Treppenaufgänge sind imposante Murals zu sehen.

Die koloniale Geschichte und die historische Bedeutung sind im wunderschönen Guanajuato überall zu spüren.

Inzwischen ist der kleine Trailer Park mit 6-7 Fahrzeugen fast überfüllt und wir lernen wieder nette Reisende mit außergewöhnlichen Lebensentwürfen kennen.

Pascal und seine Familie leben schon ein paar Jahre in Costa Rica und betreiben dort eine Firma.

Vorerst wollen Sie jedoch wieder in ihre Heimat nach Kanada zurück und sind deshalb im Westfalia-VW-Bus, der in Kanada recht beliebt ist, auf dem Heimweg.

Die andere junge, vierköpfige Familie ist auf dem Weg zum eigenen Grundstück auf der Baja, anschließend geht es nach Deutschland (sie stammt aus D) und dann wird durch Europa gereist. So lässt es sich leben!

Wir wollen weiter nach San Miguel de Allende.

Ein Abstecher führt uns vorher auf holprigem Kopfsteinpflaster zum geografischen Zentrum Mexikos – auf den 2.700 m hohen Berg Cerro El Cubilete.

Hier befindet sich die zweithöchste Christus-Statue der Welt – das Monumento a Cristo Rey mit 16 m Höhe.

Beim Durchfahren der Stichstraße beäugen uns die Bewohner der Dörfer etwas skeptisch. Unser freundliches Winken zaubert ein Lächeln auf ihre Gesichter und lässt sie fast überschwänglich zurückwinken.

Für die etwa 100 km von Guanajuato nach San Miguel de Allende brauchen wir rund zwei Stunden.

Während die Stadt Dolores Hidalgo (Schrei von Dolores) die Wiege der Unabhängigkeit genannt wird, gilt San Miguel de Allende als die Schmiede der Unabhängigkeit.

Die berühmtesten Söhne der Stadt sind allesamt Nationalhelden – Allende, Aldama und Pipila.

Die Stadt wurde 1542 von einem Franziskaner-Mönch als San Miguel el Grande gegründet und 1826 zu Ehren von Ignacio Allende in San Miguel de Allende umbenannt.

Die strategische Lage auf dem Silberweg, der von den Minen in Zacatecas und Guanajuato nach Mexiko Stadt führte, förderte einen raschen Aufschwung.

Heutzutage sorgt die renommierte Kunstakademie für bekannte Künstler und junge Studierende aus aller Welt, die sich in der Pueblo Mágico (Magischer Ort) zusammenfinden.

Seit 1926 steht die Innenstadt unter Denkmalschutz und die ummauerte Stadt wurde 2008 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt.

Viele junge Leute besuchen San Miguel wegen der international bekannten Sprachschulen und kunstinteressierte Langzeitbesucher, vorzugsweise aus Kanada und USA, belegen während der angenehmen Wintermonate die zahlreichen künstlerischen und handwerklichen Kurse.

Um sich der interessanten Lebensart und besonderen Atmosphäre dieser Stadt zu nähern, bedarf es etwas Zeit.

San Miguel verfügt über unzählige schöne Kirchen (Iglesia de San Francisco, Oratorio de San Felipe Neri, Iglesia de Nuestra Señora de la Salud, Iglesia de la Concepción), wobei das mit Abstand prominenteste Gotteshaus die aus rosarotem Stein erschaffene Parroquia de San Miguel im Stadtzentrum ist.

Wir »wohnen« auf dem erst drei Jahre alten, stadtnahen Weber RV Park, dessen etwa 12 Stellplätze im Winter hauptsächlich durch Stammgäste aus Kanada und USA belegt sind.

Der Gründer der Familie Weber, der deutsche Wurzeln hatte, kam 1963 aus USA nach San Miguel und erhielt bald eine Anstellung als Kunstlehrer am Instituto Allende. Das Gelände der Hacienda, auf der der RV Park angelegt ist, wurde 1968 erworben.

Zusammen mit der Mutter kümmern sich heute die Söhne Walter und Hans um die Appartements, den RV Park und die Tennisplätze. Ein richtiger Familienbetrieb!

Freundlich werden wir aufgenommen, viele anregende Gespräche ergeben sich mit den Besitzern und unseren Camping-Nachbarn.

Wir erhalten nützliche Informationen über die zahlreichen Angebote und Veranstaltungen der Stadt. Die Tage vergehen wie im Flug!

Der Besuch des großen Wochenmarkts (dienstags gegenüber Soriana) ist ein Erlebnis für sich.

Unter einem riesigen Sonnendach, das aus abgespannten Abdeckplanen zusammengestückelt ist, verkaufen die Händler allerlei Waren, ob gebraucht oder neu.

Wir haben manchmal den Eindruck, auf einem Flohmarkt zu sein.

Unsere »Mitbewohner« Anne & Jerry, die wir zufällig dort treffen, erzählen von der Polizei-Razzia am Vormittag, die bei mehreren Händlern stattgefunden hat und deren Stände wegen dem Handel mit Raubkopien (Filme, Musik) geschlossen wurden.

Im dem etwas »nobleren« Mercado de Artesanias interessieren wir uns für zwei handgeknüpfte Teppiche aus der weiter südlich gelegenen Stadt Oaxaca.

Wir handeln wie damals in den Suqs von Marrakesch, denn überhöhte Touristenpreise möchten wir auch hier in Mexiko nicht bezahlen.

Die Verkäuferin wird zum Schluss schon leicht reserviert, lässt sich schließlich aber auf den von uns genannten Preis ein.

Im Teppichgeschäft lernen wir ein nettes Paar aus USA kennen, das hier Urlaub macht und einen großen Teppich für sein Haus kauft.

Am nächsten Tag treffen wir die beiden im Jardín Botánico wieder.

Der Jardín Botánico ist auf einem weiterläufigen Gelände mit See und natürlichem Canyon angelegt und dient hauptsächlich dem Schutz von regionalen und lokalen Pflanzenarten.

Für den interessierten Besucher ist der Jardín Botánico täglich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang geöffnet.

Hier kann man in die sehenswerte Welt von hunderten Kakteenarten und Sukkulenten eintauchen. Ein Streifzug, der sich lohnt!

Es ist Ostern und die christliche Prozession am Karfreitag ist nicht nur Höhepunkt der Osterfeierlichkeiten, sondern des gesamten kirchlichen Jahres.

Mit Ausnahme der römischen Legionäre tragen alle erwachsenen Prozessionsteilnehmer schwarze Kleidung.

Die Männer schwarze Anzüge, weiße Handschuhe und violette Schärpen, die Frauen weiße Handschuhe und schwarze Schleier.

Verschiedene Heiligenfiguren und der Sarg mit dem Leichnam von Jesus Christus werden auf dem langen Prozessionsweg von Frauen und Männern getragen.

Kleine Mädchen in weißen Kleidern mit violetten Schärpen streuen Rosenblätter, die sie in Körben tragen.

Die römischen Centurionen wirken durch die beeindruckenden Rüstungen sehr authentisch.

Als wir nach drei Stunden wieder zu Hause sind, steht ein roter Truck mit deutschem Kennzeichen auf dem Platz.

Maria und Carsten, die mit ihrem Mercedes in Südamerika gestartet sind, bleiben ein paar Tage hier.

So haben wir genügend Zeit uns auszutauschen.

Wir geben Tipps für USA und Kanada weiter und freuen uns über viele Informationen von Mittel- und Südamerika.

Samstags gibt es ein Abschiedsfest, da drei Nachbarn in ein paar Tagen die Heimreise in den Norden antreten.

Beim Fest lernen wir Martin aus Deutschland kennen, der seit einigen Jahren in Kanada lebt, mit seiner Firma Martinus Studio Schmuck herstellt und im herrlichen British Columbia auch Kurse zur Schmuckherstellung gibt.

Wie es der Zufall will, belegt Bärbel beim Instituto Allende gerade einen Schmuckkurs und so gibt ihr Martin viele professionelle Tipps zur richtigen Verarbeitung.

Eines Nachmittags ist dann auch das »heilige« Bordwerkzeug nicht mehr sicher und unter der Regie von Martin wird unser Campingtisch zur Schmuckwerkstatt, mit Schraubstock, Schlüsselfeilen, Zangen, Säge und Schmirgelpapier.

Bilder vom Schmuck sind in der Fotogalerie Bärbels Schmuck zu sehen.

Bilder

„Ein Mann muß immer streben,
unabhängig in sich dazustehen.“
(Wilhelm von Humboldt, 1767-1835)
Topolobampo, Mazatlán, Guadalajara, Zacatecas

Am Morgen des 16. September 1810 ruft der Gelehrte und Landpfarrer Miguel Hidalgo y Costilla seine Gemeinde in der Dorfkirche von Dolores zusammen und zum Aufstand gegen die spanische Kolonialherrschaft auf.

Als Grito de Dolores (Schrei von Dolores) dringt die Botschaft durch das ganze Land und löst den langen, blutigen Unabhängigkeitskrieg gegen die Spanier aus, der erst mit der mexikanischen Unabhängigkeit am 24.08.1821 beendet sein wird.

Der Schrei von Dolores hat sich tief in die mexikanische Volksseele gebrannt. In der Nacht zum Nationalfeiertag (16. September) erschallt er als Ritual noch heute im ganzen Land.

Auf unserer weiteren Reise werden wir im mexikanischen Hochland noch häufiger auf die Spuren von Miguel Hidalgo und seiner Mitstreiter Ignacio de Allende, Juan Aldama etc. treffen.

Am Morgen des 16. Februar 2009, also knapp 200 Jahre später, sind wir auf dem Weg nach Pichilingue zur Baja Ferry.

In etwa 6 Stunden soll uns die California Star auf das mexikanische Festland bringen.

Traumhaftes Wetter und spiegelglattes, türkisfarbenes Wasser nehmen uns jeglichen Gedanken an einen hohen Seegang, von dem andere Reisende zu berichten hatten.

Auch das Be- und Entladen der Fähre erfolgt, entgegen anderer Berichte, überraschend organisiert. Vom Fähranleger in Topolobampo (Los Mochis) fahren wir die Küste des Festlands entlang in Richtung Süden.

Es ist Karnevalszeit und wir möchten den berühmten Umzug in Mazatlán nicht versäumen, der nach Rio de Janeiro und New Orleans der drittgrößte Karnevalsumzug der Welt ist.

Die wichtige Hafenstadt liegt einige Kilometer südlich vom Wendekreis des Krebses und damit in den Tropen, direkt gegenüber der Südspitze der Baja California.

Unser »Basislager« für Karnevalsumzug und Stadtbesichtigung ist der California Trailer Park. Zum Malecón (Uferpromenade) sind es 2-3 Gehminuten und der Karnevalsumzug führt vom Malecón direkt am Trailer Park vorbei.

Schon Stunden vor dem Umzug sehen wir mexikanische Familien und kundige Touristen mit mitgebrachten oder frisch gekauften Stühlen ihren Platz am mehrere Kilometer langen Malecón reservieren.

Von großen Haufen verteilen Händler für schnelles Geld die begehrten Holzklappstühle, Musikgruppen fangen an zu spielen, Menschen tanzen vor den Bühnen und die ersten Stände verkaufen Essen oder eisgekühltes Bier.

Wir befinden uns inmitten einer gigantischen Party, deren Höhepunkt in 4-5 Stunden der Karnevalsumzug am Abend sein wird.

Blinkende Polizeifahrzeuge führen das Spektakel an und die lokale Schickeria folgt in teuren Sportwagen.

Dahinter reihen sich die bunt geschmückten und beleuchteten Karnevalswagen von verschiedenen Städten, Bundesstaaten und Firmen.

Auch nach dem Umzug geht die Party weiter und die Stadt kommt in der Nacht kaum zur Ruhe.

Nach den Karnevalstagen schauen wir uns die Sehenwürdigkeiten der Stadt an, und besuchen zuerst das Acuario Mazatlán, eines der größten Aquarien in Mexiko.

Pulmonia nennt man die etwa 400 offenen Taxis, von denen uns eines zum El Faro bringt und deren bekanntes Motorengeräusch die Plattform eines umgebauten VW-Käfers verrät, der hier Vocho (sprich: Botscho) heißt.

157 m liegt El Faro über dem Meeresspiegel und ist damit nach Gibraltar der zweithöchst gelegene Leuchtturm der Welt. Der grandiose Ausblick auf Mazatlán und dessen lange Sandstrände entschädigt für den beschwerlichen Aufstieg.

Ein luftiges Pulmonia bringt uns zum beschaulichen Plazuela Machado in der Altstadt, zu Fuß gehen wir weiter zum Zócalo (zentraler Platz der Stadt), besichtigen die Kirche und schlendern durch den Mercado (Markthalle), der uns an die Suqs in Marokko erinnert.

An unserem letzten Abend lernen wir noch die sympathische Verena kennen, die ursprünglich aus Deutschland stammt und in dem von uns so geschätzten Victoria lebt.

Früh morgens geht es los, denn wir wollen die rund 500 km und 1.600 Höhenmeter bis Guadalajara an einem Fahrtag bewältigen. Auf der verkehrsarmen Cuota (Autobahn) kommen wir bei gemütlicher Fahrt gut voran. Lange Steigungen und Außentemperaturen von teilweise über 35° C, zwingen so manchen PKW zur Erholungspause mit geöffneter Motorhaube.

Guadalajara (gegr. 1542) ist die Hauptstadt des Bundesstaates Jalisco und zweitgrößte Stadt Mexikos. Lt. Wikipedia hat sie etwa 1.6 Mio. Einwohner, die Metropolregion knapp 4.1 Mio.

Am 22. April 1992 ereignete sich in Guadalajara ein mysteriöses Unglück, bei dem ganze Straßenzüge aufgerissen, mehr als 200 Menschen getötet und 15.000 Einwohner obdachlos wurden.

Der Trailer Park San Jose del Tajo befindet sich auf einem ehemaligen Landgut. Hier wollen wir ein paar Tage bleiben, einige Dinge erledigen und das historische Stadtzentrum besichtigen.

Bei einem Spaziergang lernen wir einen älteren Mexikaner kennen, der sich mit uns in relativ gutem Deutsch unterhält. Er hat Mitte der Siebziger für 1.5 Jahre in Deutschland gearbeitet und seither die deutsche Sprache kaum noch praktiziert. Rund 35 Jahre sind inzwischen vergangen! Wir sind absolut beeindruckt!

Ein Freund der Besitzerfamilie der Hazienda kommt vorbei und erzählt von seinen BMW & Mercedes aus den 70ern, die er gerade wieder aufbaut. Wir erfahren mehr über die Hazienda, die Besitzerfamilie und über Guadalajara, seine Heimatstadt.

Von der nahegelegen Bushaltestelle bringt uns eine etwas ruppige Busfahrt in 45 Minuten ins historische Zentrum der Innenstadt.

Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten liegen nah beieinander und können zu Fuß erkundet werden.

Das Wahrzeichen der Stadt ist die eindrucksvolle Kathedrale, die von vier großen rechteckigen Plätzen umgeben ist und deren Turmspitzen aus gelben Kacheln bestehen. Der reichlich verzierte und mächtige Innenraum ist ebenfalls sehr beeindruckend.

Auf dem langen Plaza de la Liberación, einem der vier Plätze, sehen wir die Statue von Hidalgo, wie sie mit zerrissener Kette in Händen das Ende der Sklaverei in Mexiko symbolisiert.

In der Kirche San Augustin verweilen wir bei einer Trauung, schlendern durch die Fußgängerzone Plaza Tapatía, beobachten die Menschen und gehen in einige der Ladengeschäfte.

Ein Abstecher führt uns zum größten Marktgebäude in Mexiko, dem Mercado Libertad. Hier werden alle erdenklichen Produkte (Elektronik, Kleidung, Lederwaren etc.) angeboten und sein Hungergefühl kann man an einem der vielen Stände mit mexikanischer Volksküche beruhigen.

Guadalajara entpuppt sich als geschäftige und moderne Großstadt, die auch inmitten von Europa stehen könnte. Wir haben hier kaum den Eindruck, in Mexiko zu sein.

Über die Periferico (Umgehungsstraße) fahren wir in den Norden der Stadt und von dort auf die Überlandstraße #54, die uns in das 300 km entfernte und 2.500 m hoch gelegene Zacatecas bringt.

Die Strecke ist landschaftlich interessant, aber nicht nachhaltig beeindruckend.

Das Hotel del Bosque, an dem wir übernachten, ist gut ausgeschildert und leicht zu finden. Wir sind gerade noch beim Einparken, als wir in dem uns vertrauten, süddeutschen Dialekt gefragt werden, was denn Heilbronner hier machen.

Es ist der sympathische Uwe aus dem Raum Stuttgart, der mit seiner Familie hier in Mexiko lebt und dessen Firma in der neuen Festhalle des Hotels die Eingangsüberdachung und die repräsentative Innentreppe aus Edelstahl fertigt.

So sehen wir uns jeden Tag, haben viel zu erzählen und Uwe beantwortet gerne unsere tausend Fragen zu Mexiko.

Durch Uwe lernen wir den Eigentümer der Hotelkette Hoteles del Bosque und dessen Schwester kennen, die sich für unser Fahrzeug interessiert und eine kurze Führung bekommt.

Die 1546 gegründete Silberminenstadt Zacatecas gilt als eine der schönsten Städte Mexikos und als Kleinod spanischer Kolonialarchitektur.

Sie ist die Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaats, seit 1993 Weltkulturerbe und liegt glücklicherweise etwas abseits der bekannten Touristenrouten.

Aus einem engen Talkessel dehnt sich die Stadt auch entlang der Berghänge aus, die die kostbaren Edelmetalle in sich bergen.

Von der Talstation der Teleférico am Cerro del Grillo (Hügel der Grillen), die direkt neben dem Hotel del Bosque liegt, steigen wir einige Stufen abwärts und folgen den steilen gepflasterten Gassen bergab zur Innenstadt, in deren Zentrum sich die herrliche Kathedrale befindet.

Eine überwältigende Üppigkeit von Ornamenten und Figuren zieren die Fassade des im mexikanischen Churriguerismus gehaltenen Kirchengebäudes, das im Jahre 1862 in den Status einer Kathedrale erhoben wurde.

Verglichen mit der Pracht der Fassade ist der Innenraum fast enttäuschend schlicht, da der Kirchenschatz während des Reformkrieges abhanden kam.

Nördlich der Kathedrale schließt sich der kahle Plaza de Armas an, dessen Ostseite durch den Regierungspalast Palacio de Gobierno begrenzt wird.

Unsere Erkundungstour bringt uns auf der Calle Hidalgo nach Norden und unter den Stahlseilen der Teleférico hindurch zum Museo Rafael Coronel, welches sich in einem ehemaligen Franziskanerkloster aus dem 16. Jh. befindet.

Hier sind 2.700 Masken aus der Sammlung des Künstlers Rafael Coronel untergebracht, der insgesamt 11.000 Masken besessen haben soll. Zu den Exponaten gehören auch prähispanische Keramiken aus Mexiko und einige historische Musikinstrumente.

Unser Rückweg führt uns an der Bäckerei beim hübschen Brunnen vorbei. Schnell lernt die nette Verkäuferin, dass die unbekannten Bleichgesichter, die jetzt öfters kommen, Brötchen und Süßspeisen gerne getrennt verpackt hätten.

Nach einem Abstecher zum Mercado González Ortega geht es an der Kirche Santo Domingo vorbei, bergauf durch die Calle Aquiles Serdán, am Schulgebäude rechts und dann die steilen, gepflasterten Gassen hoch zu unserem Fahrzeug.

Deutscher Wagenheber rettet mexikanische Großbaustelle! Am nächsten Morgen leiht sich Uwe unseren Wagenheber.

Ein Teil der Edelstahltreppe muss angehoben werden, damit die zwei Treppenteile zum Anbringen einer Schweißnaht näher zueinander finden.

Das klappt bestens und nachmittags, als wir aus der Stadt zurückkommen, ist schon alles erledigt.

Das Museo Francisco Goitia ist in einem ehemaligen Gouverneurspalast untergebracht und stellt Werke von Künstlern aus Zacatecas aus.

Darunter die der Brüder Coronel und natürlich die des Namensgebers Francisco Goitia.

Durch den angrenzenden Parque Enrique Estrada, dessen Brunnen von Musik gesteuert wird, gelangen wir zum imposanten Acueducto del Cubo, der die Stadt bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts mit Trinkwasser versorgt hat.

Gleich daneben befindet sich das luxuriöse 5-Sterne-Hotel Quinta Real, dessen organische Integration in die Tribüne der alten Stierkampfarena San Pedro als architektonische Meisterleistung bezeichnet werden kann.

Hinter dem Hospital befindet sich der Haupteingang der Mina El Edén, einer der ergiebigsten Minen von Zacatecas, die in ihrer Blütezeit im 17. und 18. Jh. ein »Global Player« am Weltmarkt war.

Von etwa 1586 bis 1960 wurden hier riesige Mengen der wertvollen Edelmetalle Silber und Gold gefördert, daneben auch Zink, Kupfer, Eisen und Blei.

Mit der Grubenbahn holpern wir in wenigen Minuten durch den niedrigen Stollen La Esperanza (die Hoffung) ca. 600 m in den Berg.

Wir setzen unsere gelben, grubenlampenlosen Grubenhelme auf und besuchen zur Einstimmung das Bergmuseum, welches eine einzigartige Sammlung von Steinen und Mineralien aus vielen Teilen der Welt präsentiert.

Gleich nach dem Museum passieren wir die berühmte Minen-Diskothek El Malacate, in der von Donnerstag bis Sonntag der Berg rockt.

Bei der weiteren Führung blicken wir auf unterirdische Seen, wir sehen die Arbeitsgeräte der Bergleute, lauschen alten Legenden und werden auch über die einst schlechten Arbeitsbedingungen der meist indigenen Minenarbeiter aufgeklärt.

Mangels Aufzeichnungen ist nicht bekannt, wie viele Menschen hier gestorben sind. Ein Menschenleben war nichts wert, denn draußen warteten tausend andere auf Arbeit.

Ein Aufzug bringt uns zum Stollen El Grillo, über den wir die Mine am Nebenausgang beim Hotel Del Bosque verlassen.

Das sehenswerte Museo Zacatecana beschäftigt sich mit der Kunst des Ureinwohnerstammes der Huicholes, die sehr zurückgezogen in der Sierra Madre Occidental im mexikanischen Hochland als Bergbauern leben.

Bunte Garnbilder, traditionelle Kleidungsstücke, mit Perlen ausgelegte Votivschalen und Fotografien erlauben dem Besucher einen kleinen Einblick in das Leben der Huicholes.

Mit der Teleférico, der 30 Jahre alten Schweizer Seilbahn, schweben wir zusammen mit Uwe über den Dächern von Zacatecas der Bergstation des Cerro de la Bufa entgegen.

Auf der 650 m langen Strecke ergeben sich sensationelle Ausblicke auf Zacatecas, die bekannten Sehenswürdigkeiten und die nähere Umgebung.

Von der Bahnstation gehen wir noch etwas bergauf zur schönen Kapelle Capilla de la Virgen de Patrocinio, von wo wir ebenfalls eine grandiose Aussicht auf Zacatecas haben.

Im Juni 1914 fand am Cerro de la Bufa eine wichtige Schlacht der mexikanischen Revolution statt, bei der der Revolutionär Francisco »Pancho« Villa über die Regierungstruppen siegreich war.

Im Museo de la Toma de Zacatecas (neben der Kapelle) werden Fotos, Dokumente, Zeitungsausschnitte und Militärgegenstände (Kanonen, Gewehre etc.) aus jener Zeit ausgestellt.

Auf dem befestigten Fußweg sind wir relativ schnell vom Berg in der Stadt, gehen noch bei unserem Stammbäcker vorbei und stärken uns mit den mitgebrachten Leckereien.

Später machen wir uns noch einmal auf den Weg in die Stadt, um Zacatecas auch bei Nacht zu erleben.

Uwe und seine beiden Mitarbeiter geben uns am nächsten Tag eine Einführung in die musikalischen Volkshelden Mexikos.

Den Zettel mit der Namensliste hüten wir wie einen Schatz und gehen damit erst einmal CDs kaufen.

Abends lädt die Musikakademie der Universität Zacatecas zu einer kostenlosen Veranstaltung ins Teatro Calderón, was wir uns nicht entgehen lassen wollen. Präsentiert wird Musik und Tanz. Genauer: Flamenco. Eine kurzweilige und interessante Vorstellung.

Über Aguascalientes wollen wir am nächsten Tag weiter nach Guanajuato.

Da auch Uwe von der Baustelle aus nach Aguascalientes fährt, hängen wir uns einfach dran, damit wir leichter um die für LKWs gesperrte Stadt finden.

So lernen wir auch seine Familie kennen, die ihn nach Aguascalientes begleitet.

Es kommt wie es kommen muss und die für LKW erlaubte Umgehungsstraße ist wegen einer Radsportveranstaltung komplett gesperrt.

Polizei regelt den Verkehr und die Umleitung führt geradewegs in die Stadt.

Während der vorausfahrende Uwe den Verkehrspolizisten passiert, erwirkt er durchs offene Fenster eine (fern)mündliche Erlaubnis des Kreuzungschefs, dass wir trotz LKW-Verbot mitten durch die verbotene Stadt fahren dürfen. So geht das in Mexiko.

Danke Uwe! Viva México!

Bilder

„Armes Mexiko: So weit entfernt von Gott
und so dicht bei der USA.“
(Porfirio Diaz, 1830-1915)