Auf der Baja California nach Süden

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Mexicali, Ensenada, Mulegé, La Paz, Playa el Tecolote

Die Baja California (Nieder Kalifornien) ist eine schmale, trockene Halbinsel, die sich ab Kalifornien auf einer Länge von ca. 1.300 km nach Süden entlang des mexikanischen Festlands erstreckt.

Im Westen donnern die Wellen des Pazifik an die Küste, während im Osten der ruhigere »Golfo de California« die wüstenartige Baja California vom mexikanischen Festland trennt.

Der nordamerikanische Einfluss auf die mexikanische Halbinsel ist deutlich zu spüren und der Süden kann durchaus als »Mallorca der Nordamerikaner« bezeichnet werden. Auch tausende von »Snowbirds«, wie die Wohnmobile der Nordamerikaner genannt werden, ziehen im Herbst zur Überwinterung an die sonnenverwöhnten Strände der Baja (sprich: Bacha).

Mexicali wird unser Grenzübergang nach Mexiko, da dieser vom Salton Sea über den Highway 111 schnell zu erreichen ist.

Die Ausreise aus USA und die Einreise nach Mexiko gestalten sich angenehm einfach. Die Beamten sind korrekt, hilfsbereit und sehr zuvorkommend.

Details zum Grenzübertritt sind unter Grenzübergänge beschrieben.

Nachdem die Grenzformalitäten erledigt sind, durchqueren wir Mexicali (ca. 750.000 Einwohner) einmal komplett von Osten nach Westen, um zur Autobahn MEX2 zu gelangen.

Dabei hinterlässt das relativ nordamerikanisch wirkende Mexicali einen sauberen und geschäftigen Eindruck.

Westwärts geht es auf der MEX2 entlang der US-Grenze durch die bergige Wüste in das 120 km entfernte Tecate.

Ein unscheinbares Verkehrsschild kündigt unsere erste Militärkontrolle an. Wir wechseln auf die linke Fahrspur und fahren langsam an den rechts stauenden LKW vorbei.

Es erwartet uns eine Szenerie, wie aus einem Kriegsfilm. Hinter aufgetürmten Sandsäcken ist jeweils ein Maschinengewehr aufgebaut, das mit einem Mann besetzt ist. Dazwischen Soldaten, die Fahrzeuge kontrollieren. Immer nur ein Fahrzeug wird zum Kontrollbereich vorgelassen.

Ein merkwürdiges Gefühl direkt vor einem schussbereiten Maschinengewehr anhalten zu müssen.

Wir werden aufgefordert den Wohnaufbau zu öffnen. Einer der jungen Soldaten folgt in unser »Wohnzimmer«, klopft einmal mit der Hand gegen die Decke und einmal unter der Sitzgruppe ans Technikfach. Das war es! Was er genau damit kontrolliert hat erschließt sich uns nicht.

In Tecate biegen wir in die hügelige MEX3 ein, die nach knapp 100 Kilometern etwas nördlich der Hafenstadt Ensenada in die MEX1 mündet. Gerade als die Sonne über dem Pazifik untergeht, erreichen wir die Küste und damit das heutige Tagesziel.

Unsere auf »Grenzübertrittsniveau« reduzierten Lebensmittelvorräte wollen wir am nächsten Morgen bei Wal Mart in Ensenada wieder auffüllen. Es ist das letzte große Einkaufszentrum vor der langen Strecke nach La Paz.

Wal Mart, Home Depot und C&A sind bei unserem Eintreffen jedoch weiträumig abgesperrt.

Die Parkplätze sind leer, Menschen sitzen außerhalb des abgesperrten Bereichs und viele Einsatzfahrzeuge von Polizei, Feuerwehr und Bombenkommando dominieren blinkend das Geschehen.

Als wir nachmittags zurückkehren, scheint sich die Lage beruhigt zu haben.

Die Parkplätze sind wieder voll, Menschen gehen einkaufen und nur noch wenige Einsatzfahrzeuge der Sicherheitskräfte sind Vorort. Darunter ist auch eines dieser charakteristischen Einsatzfahrzeuge, in dem eine Bombe explodieren kann, ohne großen Schaden anzurichten.

Wir schnappen uns einen Einkaufswagen und starten unseren zweiten Einkaufsversuch.

Genau zwei Artikel liegen im Wagen, als ein Alarm ertönt. Alle Kunden strömen zu den Ausgängen und wir freuen uns, endlich mehr Platz zum Einkaufen zu haben.

Nein, Scherz … Auch wir gehen zügig raus und fahren umgehend vom Gelände, bevor uns die Wal Mart Produkte samt Gebäude um die Ohren fliegen.

Neuer Tag, neuer Einkaufswagen!

Heute lauscht ein Ohr immer auf den Alarm und ein Auge scannt pausenlos das Verhalten der anderen Kunden. Aber alles bleibt normal und uns gelingt beim dritten Anlauf endlich ein erfolgreicher Lebensmitteleinkauf bei unserem ersten Wal Mart in Mexiko. Bombastisch!

Mit frisch gezapftem Diesel (0.40 EUR pro Liter) in randvollen Tanks geht es auf der MEX1 nach Süden.

Die MEX1 ist die ca. 1.700 km lange Lebensader der Baja California, deren fast endloses Asphaltband sich vom berüchtigten Grenzort Tijuana bis an das südliche Ende der Halbinsel nach Cabo San Lucas zieht.

Im Zickzackkurs führt sie mehrfach von Küste zu Küste und aderförmig zweigen Nebenstraßen in entlegene Regionen ab.

Überproportional viele Kreuze und Gedenksteine am Straßenrand mahnen uns, hier noch defensiver und aufmerksamer zu fahren, als wir dies ohnehin schon tun. Verantwortungslos gefährliches Überholen, das wir mehrfach beobachten, scheint eine der Ursachen für die vielen Verkehrstoten zu sein.

Wir erreichen den Parque Natural Del Desierto Central, in dem auf etlichen Kilometern riesige Felsbrocken zwischen hohen Kakteen ein bizarres, aber schönes Landschaftsbild formen!

Unterschiedlichste Kakteenarten begleiten uns ohnehin die meiste Zeit auf der Baja.

Kurz nach dem Park zweigt auch schon die MEX 12 zur Bahia de los Angeles an die Golfküste ab.

Auf der neuen Straße, die jetzt auch Stromleitungen in die entlegene Region bringt, können wir die knapp 70 km in einer Stunde gut bewältigen.

Mit ihren hübschen, vorgelagerten Inseln lädt uns die ruhige Bucht ein paar Tage zum Bleiben und zu ausgedehnten Strandspaziergängen ein, bevor es weiter nach Guerrero Negro geht.

Kurz vor Guerrero Negro befindet sich die Grenze der beiden mexikanischen Staaten Baja California (BC) und Baja California Sur (BCS).

Ab hier gilt eine andere Zeitzone, eine Fruchtkontrolle findet statt und die Räder werden für einen US-Dollar desinfiziert.

Dass nur die linke Seite der Desinfektionsanlage funktioniert, stört keinen. Aber unsere Kartoffeln stören, die müssen wir abgeben. Wir wünschen einen guten Appetit!

Etwa 8 km südlich von Guerrero Negro biegt rechts eine etwa 27 km lange Piste ab, die zur Laguna Ojo de Liebre führt.

Auf vielleicht halber Strecke notiert ein Wachposten das Kennzeichen und die Personenzahl.

Auf relativ guter Piste steuern wir zwischen scheinbar endlosen Salzflächen hindurch, die zur Salzgewinnung genutzt werden.

Unser heutiges Ziel ist ein sehr weitläufiger Campingplatz entlang der Lagune Ojo de Liebre, in der man Grauwale beobachten kann.

Schon aus dem Fahrzeug erblicken wir die mächtigen Tiere, die hier im Schutz der warmen Lagune ihre Jungen zur Welt bringen.

Durch den hohen Salzgehalt entsteht mehr Auftrieb, so dass es die Jungtiere bei den ersten Schwimmversuchen etwas leichter haben.

Es ist unglaublich:

In einer der längsten Säugetierwanderungen der Erde wandern die Wale von Alaska bis hier in die Lagune – etwa 8.000 km!

Sobald die Jungtiere kräftig genug sind, ziehen die Grauwale wieder nach Norden.

Auf unserem weiteren Weg besichtigen wir in der beschaulichen Oase San Ignacio die gut erhaltene Missionskirche an der Plaza.

Laut Reiseführer wurde die Kirche von Jesuiten begonnen und von Dominikanern fertiggestellt. Die Pfeiler der Fassade sind aus Vulkangestein.

Vorbei an Dattelplantagen geht es zurück zur MEX1, der wir über Santa Rosalia nach Mulegé folgen.

Hier treffen wir auf dem mit Palmen bewachsenen Campground »Villa Maria Isabel Recreational Park« (WiFi!) auf Susanne und Ari, die ihren Urlaub auf der Baja und mit uns einen netten Abend verbringen.

Südlich von Mulegé passieren wir die Bahia Concepcion, deren schöne Sandstrände eigentlich ein paar Tage zum Campen einladen würden.

Wir wollen jedoch weiter in den Süden der Insel, den wir über Loreto, La Paz und Todos Santos ansteuern.

Dabei überqueren wir den Wendekreis des Krebses und befinden uns jetzt in den Tropen.

Cabo San Lucas ist sehr auf Urlaubstouristen ausgerichtet.

Obwohl wir solche Orte gerne meiden, wollten wir uns das Urlaubsparadies der Nordamerikaner dann doch ansehen.

In diesem Jahr sollen 80% weniger Nordamerikaner hierher gekommen sein.

Schon unterwegs hatten wir nur wenige nordamerikanische Wohnmobile gesehen und die begehrten und ansonsten überfüllten Stellplätze fast leer vorgefunden.

Einerseits lassen die aktuellen Auswirkungen der Finanzkrise die Renten der meist aktiengebundenen Altervorsorge der US-Amerikaner drastisch schrumpfen, andererseits schreckt der mexikanische Drogenkrieg viele Urlauber ab.

Während wir Strand und Promenade in Cabo San Lucas entlang schlendern, werden wir ständig angesprochen, ob wir nicht Schmuck oder Andenken kaufen möchten, ein Wassertaxi benötigen oder im Restaurant essen wollen.

Man kann es den Verkäufern nicht verübeln, wenn sie sich zur Existenzsicherung auf die wenigen verbleibenden Touristen stürzen, obwohl es uns mit der Zeit dann doch etwas nervt.

Von Christine und Hans aus Österreich, die mit ihrem Wohnmobil neben uns stehen, bekommen wir einige interessante Tipps für das mexikanische Festland.

Schließlich fahren wir über San Jose del Cabo und Los Barriles in einer Art Rundkurs wieder zurück nach La Paz, der Hauptstadt von BCS.

In La Paz treffen wir Bine und Olli aus Deutschland, die quasi zeitgleich eine ähnliche Route fahren und mit denen wir dann zusammen am Strand von El Tecolote (25 km nördlich von La Paz) stehen.

El Tecolote ist ein kleines Paradies mit langem, breitem Sandstrand, türkisfarbenem Wasser und sensationellen Sonnenuntergängen.

Hier sehen wir auch die beiden Schweizer Maja und Hans wieder, die wir vor fast sechs Monaten in Whitehorse (Kanada) kennengelernt haben.

Jeden Wochentag mahnt uns die vorbeifahrende Baja Fähre, endlich mit aufs mexikanische Festland nach Topolobampo (Los Mochis) zu kommen.

Zwei Wochen hat sie das erfolglos getan. Es wird langsam Zeit, dem Ruf der Fähre zu folgen.

Bilder

„Die wunderbare Lampe des Himmels,
die Sonne.“
(Robert Herrick, 1591-1674)